: „Es wird ein Exempel statuiert“
BewohnerInnen des Bauwagenplatzes „Bambule“ setzen sich juristisch gegen die anvisierte Räumung zur Wehr und kündigen Klage vor Verwaltungsgericht an
Im Karolinenviertel hängen an vielen Balkonen Transparente, die auf Akzeptanz schließen lassen. „Bambule ist machbar – der Nachbar!“ Seit 1994 campieren auf dem Platz an der Vorwerkstraße/Ecke Laeiszstraße über 20 Menschen in Bau-, Last- und Wohnwagen. Das Areal ist ihr Zuhause geworden. Doch nun, so will es der Rechtssenat, sollen die BewohnerInnen ihre Residenz zum 31. Oktober nach dem Polizeigesetz geräumt haben: Wegen Störung der „Öffentlichen Sicherheit und Ordnung“. Für die „Bambule“-Anwälte Andreas Beuth und Manfred Getzmann vor dem Hintergrund der Ereignisse an der Schützenstraße „ein Feldzug gegen Wohnwagenleute“.
Die Juristen werden daher – sollte das Bezirksamt Mitte von seinem Vorhaben nicht bis morgen abrücken – vor dem Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordung beantragen. Denn die Anwälte sehen viele Rechtsgrundsätze verletzt. So sei eine Räumung per so genannter Allgemeinverfügung überhaupt nicht zulässig.
Schon aus dem Grund nicht, weil das Bezirksamt 1994 gegen einzelne BewohnerInnen prophylaktisch Räumungstitel erwirkt hatte, diese jedoch nie vollstreckt habe. „Acht Jahre später die sofortige Vollziehung wegen einer konkreten Gefahrenlage zu begründen, ist absurd“, sagt Beuth. Es gibt zwar kein offizielles Vertragswerk zwischen Stadt und Bauwagenplatz– auch unter Rot-Grün war kein schriftliches Einvernehmen über die Zukunft des Platzes erzielt worden – doch mit dem Haus an der Karolinenstraße 27 steht ein mögliches Quartier für die Bauwagenleute zur Verfügung. Das Bezirksamt hatte jahrelang mit den Bambule-Leuten über Ersatz-Wohnraum verhandelt: „Die Stadt hat sich verpflichtet, alternativen Wohnraum zur Verfügung zu stellen.“
Aus Gründen des „Vertrauensschutzes“ sei die Stadt nun verpflichtet, dieser „Selbstbestimmung“ nachzukommen. „Es gibt einen Anspruch auf Duldung bis zur Erfüllung der Verpflichtung“, sagt Beuth. „Der Regierungswechsel ändert nichts an der Rechtslage.“
Auch die GAL-Abgeordnete Antje Möller sieht in der „absurden Maßnahme“ nur den Akt, gegen die Wohnform „ein Exempel zu statuieren“. Sie fordert, mit Bambule wieder „in den Dialog zu treten“, statt die „Arroganz der Macht“ spielen zu lassen.KAI VON APPEN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen