„Barbarisches Gesetz“

Gewerkschaften, Berufsverbände und Opposition gegen Schills Lauschangriff. Auch die FDP bläst zum Rückzug

Kurz vor der ersten Expertenanhörung zum neuen Hamburger Verfassungsschutzgesetz am 22. Oktober vor dem Rechtsausschuss der Bürgerschaft formiert sich breiter Widerstand. Auch die FDP, Koalitionspartner von CDU und Schill-Partei, läutet vorsichtig den Rückzug ein.

Nach dem Gesetzentwurf aus dem Hause von Innensenator Ronald Schill soll der Verfassungsschutz künftig auch Wohnungen mit Wanzen und Kameras kontrollieren dürfen (taz berichtete mehrfach). Zudem sollen Nichtverdächtige observiert werden, sofern sie in Kontakt zu Verdächtigten stehen könnten. Dies soll auch für Ärzte, Journalisten und Anwälte gelten. Zur Zeit haben diese ein so genanntes Zeugnisverweigerungsrecht.

Diese Änderung werde die FDP „nicht akzeptieren“, stellte Vize-Fraktionschef Wieland Schinnenburg klar. Der „Schutz der Berufsgeheimnisträger darf nicht verschlechtert werden.“ FDP-Bildungsadmiral Rudolf Lange äußerte „als persönliche Meinung“ immerhin, „dass mir ein Gesetz, welches die Bürgerrechte weitestgehend unangetastet lässt, am liebsten ist“. Joachim Sproß, Vize-Parteichef der Hamburger FDP, drohte an, notfalls gegen das Gesetz Verfassungsklage einzureichen.

Dasselbe hatte vorgestern bereits die SPD-Fraktion angekündigt, die GAL sprach von einem „direkten Angriff auf die Pressefreiheit“. Die Hanseatische Rechtsanwaltskammer kündigte für diese Woche „eine Offensive“ gemeinsam mit den Journalistengewerkschaften djv und ver.di, dem Hamburgischem Anwaltsverein und der Hamburger Ärztekammer an. Selbst Bild-Chefredakteur Kai Diekmann kritisierte den Vorstoß als „ein Zeichen der Barbarei“. smv