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Schwankender Solidarpakt

„Wir sind gesprächsbereit“, sagt Ver.di, sagt der Senat. Dennoch ist die Stimmung vor der heutigen Verhandlungsrunde eisig. Sparen am öffentlichen Dienst wird zur Nagelprobe für Klaus Wowereit

von ADRIENNE WOLTERSDORF

„Ich bin sauer“, sagt die Berliner Ver.di-Chefin Susanne Stumpenhusen über das Presseecho vom gestrigen Tag. Keineswegs sei der Solidarpakt endgültig gescheitert. So sieht es auch Senatssprecher Michael Donnermeyer. Und doch wird es die erste Frage sein, die sich Gewerkschaften und Senat stellen, wenn sie heute im Roten Rathaus zur nächsten Runde der Solidarpaktverhandlungen zusammenkommen. Genauer gesagt wird die Gewerkschaftsschefin den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit fragen, ob er endlich einsehe, dass es ein Aufbohren des Flächentarifvertrags mit den Gewerkschaften nicht geben werde. Wowereit, der seinen Amtsantritt im vorigen Jahr mit einer Rede vor der frisch vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft zelebriert hatte, wird sagen, dass er zusätzliche Angebote nicht machen könne. Es sei Fakt, dass in allen Bereichen der Stadt gespart werden muss, also auch beim Personal. Und dann?

Zum vorläufigen Tiefpunkt der Solidarpaktgespräche war es am Dienstagabend gekommen, als mehrere hundert Personalräte und Gewerkschafter auf einer nicht öffentlichen Sitzung die Vorschläge des Senats nahezu einstimmig ablehnten. Ihre Begründung: Der Senat benachteilige das Landespersonal „in extremer Weise“. Die Koalitionsparteien SPD und PDS wollen mit Einsparungen bei den Personalkosten den Landesetat in den kommenden Jahren um 500 Millionen Euro entlasten. Zu ihren Vorschlägen gehören Verzicht auf Tarifsteigerungen und Einschnitte beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld, aber auch Arbeitszeitverkürzung und Verlängerung des Kündigungsschutzes für die 150.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst bis über das Jahr 2004 hinaus.

Das ganze Konzept laufe darauf hinaus, so Susanne Stumpenhusen, dass zum Beispiel eine Erzieherin so bezahlt werde, wie die Kommune sich verspekuliert habe. Inakzeptabel. Es sei nicht einzusehen, verteidigte sie das Dienstag-Votum der Personalräte, dass das Landespersonal bluten müsse, während die Landesregierung erst wenig getan habe, um die Einnahmesituation Berlins zu verbessern. Insbesondere bei Steuern auf Landesebene sei einiges versäumt worden. Zudem sei das Sparziel von 500 Millionen Euro schlichtweg „Schifferscheiße“, schimpfte die Ver.di-Vorsitzende. „Die haben da wohl auch Rentner mit eingerechnet.“

Geht es nach dem Willen der Gewerkschaft, reden die Verhandlungsparteien in Zukunft über andere – und damit effektivere, kostengünstigere – Arbeitszeitmodelle, über Jobrotation, über eine effektive Verwaltungsreform, freiwilliges Ausscheiden und flexible Arbeitszeiten. Die Daumenschrauben, die der Regierende bereits gelegentlich aufblitzen ließ, um zu zeigen, was auf ein Aus des Solidarpaktes folgen könnte, beeindrucken die Angestelltenvertreter nach eigenen Aussagen wenig. „Mit betriebsbedingten Kündigungen schießen die sich selbst ins Bein, das geht nur bei jungen Angestellten oder Ostberlinern, die historisch bedingt noch keine fünfzehn Jahre im Dienst sind.“

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