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Wieder richtig heiß

Gespräch mit Triathlet Thomas Hellriegel, der morgen zum zweiten Mal den Ironman auf Hawaii gewinnen will

Es ist wieder so weit: Am Samstag, kurz nach Sonnenaufgang, werden sich rund 1.500 Triathleten im kleinen Hafenbecken von Kailua Kona in die Fluten des handwarmen Pazifiks stürzen. 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 km Radfahren und ein Marathon stehen für die Ausdauersportler an, alles unter der sengenden Hitze und den orkanartigen Winden Hawaiis. Als Mitfavorit startet dann auch wieder Thomas Hellriegel, der 1997 als bisher einziger Deutscher den bedeutendsten Triathlon der Welt gewinnen konnte.

taz: Herr Hellriegel, nachdem es in den Vorjahren mit den Plätzen acht und sechs nicht ganz so optimal für Sie lief, standen Sie letztes Jahr als Dritter wieder auf dem Treppchen. Was darf man daraus für den Samstag ableiten?

Thomas Hellriegel: Mein primäres Ziel ist es, unter die ersten Zehn zu kommen.

Sorry, aber für einen, der schon mal gewonnen hat, hört sich das eher bescheiden an.

Naja, damit wäre ich wahrscheinlich auch nicht wirklich zufrieden. Gerade mein achter Platz vor vier Jahren hat mich arg gewurmt, weil da doch einige Konkurrenten vor mir platziert waren, die da normalerweise nicht hätten sein dürfen. Aber durch meinen Sieg 1997 war mir wohl die letzte Motivation etwas abhanden gekommen, dieses letzte Quäntchen Konsequenz im Training, das einen immer wieder dahin gehen lässt, wo es wirklich wehtut. Jetzt aber bin ich richtig heiß auf Hawaii und das Rennen.

Wie sieht Ihr Plan aus?

Flott aus dem Wasser zu kommen, auf dem Rad möglichst einen kleinen Vorsprung herausfahren. Letztes Jahr hat das nicht so geklappt, da lag ich immer zwei bis drei Minuten hinter der Radspitze. Das hat die Sache unheimlich schwer gemacht, auch für den Kopf, weil ich fast die kompletten 180 km allein fahren musste. Wenn man vorne liegt, beflügelt es. Man kann das Rennen kontrollieren, auch später beim Laufen.

Wie viel auf den 226 Kilometern ist überhaupt planbar?

Es ist ein verdammt langes Rennen, und in den über acht Stunden kann verdammt viel passieren, vor allem mit Wind und Wetter. Hawaii ist unberechenbar.

Was war Ihr schlimmstes Erlebnis auf der Insel?

Das war 1998, also ein Jahr nach meinem Sieg. Da war ich schon nach dem Radfahren vollkommen fertig und musste dann noch einen ganzen Marathon laufen. Das war vom ersten Meter an eine Wahnsinnstortur.

Das sind dann wohl die Momente, in denen man ans Aufhören denkt?

Klar, die Gedanken kommen einem schon – und das nicht nur einmal im Rennen. Aber Hawaii ist der Saisonhöhepunkt. Außerdem lag ich ja selbst 1998 unter den ersten zehn. Da gibt man nicht auf.

Bei Ihrem zweiten Platz 1996, damals hinter dem Belgier Luc van Lierde, haben Sie beide an der Acht-Stunden-Marke gekratzt. Warum sind die Zeiten in den letzten Jahren eher langsamer geworden?

Zum einen waren die Bedingungen in den letzten Jahren extrem schlecht und hart. In der Tat ist es aber so, dass die Rennen, nicht nur auf Hawaii, nicht mehr so schnell sind, wie sie es schon einmal waren. Auch für mich ist das ein Phänomen.

Gerade auf dem Rad, Ihrer Schokoladendisziplin, ist dem „Helldrive“, wie man Sie auf Hawaii fast ehrfürchtig nennt, die Souveränität in den letzten Jahren etwas flöten gegangen. Warum?

Früher befanden sich unter den Triathleten viele ehemalige Schwimmer und Läufer, die kaum ernsthaft Rad trainiert haben. Das hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert. Die anderen Top-Athleten haben erkannt, dass sie auch auf dem Rad richtig trainieren müssen. Die Zeiten, in denen ich zehn Minuten oder mehr vor den Verfolgern vom Rad steigen konnte, sind vorbei.

Für Lothar Leder, einen Ihrer Hauptkonkurrenten, ist es der fünfte Ironman-Start in diesem Jahr. Kann ein Mensch das tatsächlich verkraften?

Da bin ich auch mal gespannt. Für mich wären fünf Starts definitiv zu viel. Aber Lothar ist eben Lothar, für den gelten andere Maßstäbe.

Wen zählen Sie sonst noch zu Ihren Hauptkonkurrenten?

Natürlich Vorjahressieger Tim de Boom sowie den Australier Chris McCormack. Peter Reid sowie Luc van Lierde habe ich weniger auf der Rechnung. Die haben die ganze Saison geschwächelt.

Und was ist mit Jürgen Zäck, dem deutschen Altmeister?

Tut mir Leid, aber Jürgen sehe ich diesmal nicht vorne. Er ist ja schon beim Ironman Germany den Marathon deutlich über drei Stunden gelaufen. Das reicht nicht. Da muss man den Pforzheimer Norman Stadler eher auf der Rechnung haben.

Ab welcher Platzierung wären Sie wirklich zufrieden?

Ein richtiger Erfolg wäre wieder ein Platz unter den ersten drei.

Von da aus ist auch der Sieg nicht mehr so weit entfernt.

Nein. Ich halte das durchaus für möglich. Schließlich weiß ich ja, wie man auf Hawaii gewinnt.

INTERVIEW: FRANK KETTERER

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