Miese Zähne, krumme Seele

Wie man Stumpfsinn mit Stumpfsinn veredelt: Rob Cohens Film „xXx – Triple X“

Und wieder ist die Welt in Gefahr. Im fernen Prag hat sich eine Horde orientierungsloser russischer Söldner zu der Terrorgruppe Anarchy 99 formiert, die, geführt von dem Retro-Wave-Misanthropen Yorgi, die Welt in Angst und Schrecken versetzen will. Alle Versuche, die Gruppe zu unterwandern, endeten für US-Agenten tödlich, was umso ärgerlicher ist, wenn man bedenkt, was die Regierung in die Ausbildung von Agenten investiert. Deswegen hat man eine Idee: Man schickt dem fiesen Yorgi einen anderen Nichtsnutz an den Hals, man schickt ihm Xander Cage. Der ist ein mit wirklich allen Wassern gewascher Haudegen, berühmt und gefürchtet für seine Verbrechen im Extremsportbereich.

Ob dies klug ist, kann man bezweifeln, doch da man nicht erfährt, was die Verbrecher treibt, und man nicht weiß, ob es Extremsportkriminalität überhaupt gibt, fällt das nicht weiter ins Gewicht. Denn „Triple X“ ist ein Rob-Cohen-Film, seineszeichens Regisseur und Dekonstruktivist, der mit seinem letzten Werk „The Fast And The Furious“ bereits Erhebliches für die Auflösung jeglicher Sinnzusammenhänge geleistet hat. Gut, dass Vin Diesel die Hauptrolle spielt. Wie kein anderer Hollywood-Schauspieler hat er sich in seinen letzten Filmen darauf spezialisiert, sein im Grunde vorhandenes Talent („Boiler Room“, „Saving Private Ryan“) auszublenden, um Stumpfsinn durch Stumpfsinn zu veredeln.

Man kann sagen, dass Triple-X-Diesel auf zweifacher Mission ist. Einerseits soll er Gefahren bannen, Schurken fassen, Menschen retten und so weiter. Andererseits soll er mit Cage aber auch eine serientaugliche Filmfigur etablieren, einen Geheimagenten neuen Typs. Logisch, dass sich der Film deshalb bei einem Geheimagenten alten Typs bedient. Cage hat folglich alles, was Bond braucht. Er hat einen bösen Superbösewicht zum Gegner; er hat mit Agent Gibbons seinen M und mit Agent Shavers seinen Q; er hat jede Menge Gadgets und ausreichend Gründe, sie zum Einsatz zu bringen; er hat zwar keine Musik von John Barry, dafür aber Musik, die sich so anhört, als wäre sie von John Barry geschrieben. Aber der Film hat noch mehr. Im Gegensatz zu Bond hat er nämlich die Freiheit, nichts und niemanden mehr ernst zu nehmen, am wenigsten sich selbst. Und so ist „Triple X“ von der Leine gelassenes Actionkino, das nichts will, als unterhalten und überwältigen. Dabei kommen Hubschrauber, Autos, Rennwagen und Motorräder ebenso zum Einsatz wie eine Lawine, ein Silbertablett und nicht zuletzt Rammstein.

Es gibt Dialoge, für die man Drehbuchautor Rich Wilkes auf Knien danken sollte. Einmal sagt Cage: „Hör auf, wie die Prager Polizei zu denken, du musst PlayStation denken.“ Dann sagt Asia Argento als zwielichtige Yelena: „Meine Zähne sind so krumm wie meine Seele.“

Das ist zwar so flach wie eine Petrischale, andererseits soll es auch nicht tiefer sein. Denn wie Xander Cage bemerkt: „Ich mag alles, was schnell genug ist, um dumme Sachen damit zu machen.“ Besser kann man es einfach nicht formulieren.

HARALD PETERS

„xXx – Triple X“. Regie: Rob Cohen. Mit: Vin Diesel, Samuel L. Jackson, Asia Argento, Eve, Richy Müller. USA 2002, 124 Minuten