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Nonplusultra minus Timing

Thomas Hellriegel genießt beim Ironman-Triathlon auf Hawaii lange Zeit die Einsamkeit an der Spitze, wird am Ende der Tortur Vierter und ist damit 33 Plätze besser als Mitfavorit Lothar Leder

aus Kailua Kona SEBASTIAN MOLL

Als Thomas Hellriegel auf den Queen Kaahumanu Highway einbog, wusste er plötzlich wieder, warum er Triathlon macht. Nach 16 Kilometern des Marathonlaufs beim Hawaii Ironaman war vor ihm nur noch der Führungswagen mit der übergroßen Digitaluhr auf dem Dach. Ansonsten war es totenstill auf der Betonpiste durch die erstarrte Lava des Hualalai-Vulkans. „Ich war mir gar nicht mehr sicher, ob hier überhaupt ein Wettkampf stattfindet“, sagte er, Stunden später, auf der Massagebank am Strand liegend. „Da lief es mir kalt den Rücken runter.“

Seit seinem Sieg auf Hawaii 1997 hatte er dieses erhabene Gefühl der Einsamkeit an der Spitze nicht mehr gehabt. In diesem Jahr genoss er es fünf Stunden lang. Zwar wurde er auf der zweiten Hälfte des Marathons noch vom US-Amerikaner Tim de Boom abgefangen, der zum zweiten Mal in Folge gewann, sowie vom Kanadier Peter Reid, der 2000 in Hawaii gesiegt hatte. Und auch der Neuseeländer Cameron Brown lief fünf Kilometer vor dem Ziel noch an ihm vorbei. Trotzdem fand der Karlsruher, dass sich die Trainingsfron der letzten Monate gelohnt hatte: „Es gibt nichts Besseres, als das Gefühl, der Erste unter den besten 1.500 Athleten der Welt zu sein.“

Auch das Risiko, das er während des Rennens eingegangen war, bereute Hellriegel nicht. Zusammen mit dem 37 Jahre alten Koblenzer Jürgen Zäck und mit dem Australier Chris McCormack war er auf dem Rad in einem mörderischen Takt der Konkurrenz davongestürmt: Weder McCormack noch Zäck schafften es danach, den Marathon zu beenden.

Lothar Leder, der anfangs versucht hatte, Hellriegels Tempo zu halten, wurde 37. – seine schlechteste Platzierung in Hawaii seit 1992. Das mag allerdings auch daran gelegen haben, dass dies für Leder in Hawaii bereits sein fünfter Ironman in diesem Jahr war. Obwohl er diesen Zusammenhang nach dem Rennen in Hawaii heftig bestritt: „Es gibt keine Entschuldigungen, das hat nichts miteinander zu tun.“ Zwei, die es wissen müssen, waren da jedoch explizit anderer Meinung. Dave Scott, der sechsmal Hawaii gewann, sagte: „Es ist völlig unmöglich, in Bestform hier anzutreten, wenn man schon vier Rennen gemacht hat. Lothar hat so viel Talent. Aber wie er sich hier präsentiert hat, das war nicht gut für ihn.“ In die gleiche Kerbe schlug Mark Allen, ebenfalls sechsfacher Hawaii-Champion: „Es ist absolut unmöglich, nach vier Rennen noch fit genug für Hawaii zu sein.“

Das beherzigt Thomas Hellriegel seit Jahren und konzentriert sein ganzes Training auf das Rennen auf Big Island, der größten Insel des Vulkan-Atolls: „Hawaii“, so Hellriegel, „muss man wirklich wollen. Das macht man nicht mal so im Vorbeigehen.“ Und Hellriegel will, mehr denn je, nachdem er heuer seit fünf Jahren erstmals wieder für ein paar Stunden Siegerluft atmen durfte. Allerdings gibt er zu, dass die Konzentration auf Hawaii ein hohes Risiko ist: „Da muss alles stimmen, da darf man in den Wochen vorher nicht einmal husten. Und wenn’s nicht klappt, war alles umsonst.“

Hellriegel wird die Entscheidung für Hawaii jedoch auch leichter gemacht als Leder. Seine Sponsoren sind Sportartikelhersteller, die weltweit operieren. Leder hingegen hat vorwiegend deutsche Sponsoren, für die Auftritte zu Hause wichtiger sind als im Südpazifik. Immerhin war in diesem Jahr der Besitzer der Privatbrauerei Erdinger, Werner Brombach, einer von Leders Hauptsponsoren, persönlich in Hawaii und ließ sich erweichen. Als Leder noch hinter der schnellsten Frau ins Ziel kam, gelobte der Bierbrauer: „Von uns hat er die volle Unterstützung, wenn er sich in Zukunft mehr konzentrieren möchte.“

Die Schweizerin Natasha Badman konzentriert sich seit drei Jahren auf das „Big Race“ und ist seither nicht mehr zu schlagen. Am Samstag gewann sie zum dritten Mal in Folge und zum vierten Mal in ihrer Laufbahn. Ihre Dominanz ist für die Gegnerinnen derart erdrückend, dass sie es gar nicht mehr versuchen, dagegen aufzubegehren. „Ich habe nie daran gedacht, Natasha anzugreifen“, sagte die Braunschweigerin Nina Kraft, die nach ihrem dritten Platz im vergangenen Jahr Zweite wurde und damit das beste Ergebnis einer Deutschen in der 34-jährigen Geschichte des Rennens erzielte.

Für Nina Kraft besteht keine Gefahr, sich zwischen Sponsoreninteressen aufzureiben. Nach dem Erfolg 2001 sei die Finanzlage zwar „ein wenig besser geworden“, sagt sie. „Aber Frauentriathlon, da muss man realistisch bleiben, ist in Deutschland eine absolute Randsportart.“ Immerhin lässt ihr das die Freiheit, ihre Entscheidungen nach sportlichen Gesichtspunkten zu treffen. Und da bleibt in der Triathlonwelt Hawaii das Nonplusultra.

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