piwik no script img

Windiges Investment

Zunehmend werden in Deutschland Beteiligungen an Windparks in anderen europäischen Ländern angeboten. Projekte können für Anleger Vorteile haben. Rendite ist abhängig von der Steuerlage

Wird für Investoren ein Traum wahr? „Die Ausschüttung erfolgt nahezu steuerfrei“, heißt es immer öfter in Beteiligungsangeboten für Windparks – dann nämlich, wenn sich die Projekte im Ausland befinden. Und diese Werbeaussage ist korrekt: Aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen müssen die Erträge in Deutschland in der Regel nicht als Einkommen versteuert werden. Natürlich bleiben die Windparks von staatlichen Abgaben dennoch nicht verschont: Bei Auslandsprojekten sind die ausgeschütteten Beträge bereits Nettoerträge, nachdem die Gesellschaften schon Steuern im betreffenden Land abgeführt haben. Investoren stehen also vor der Frage: Was ist besser, eine Geldanlage in einem Windkraftfonds im Inland oder im Ausland?

Eine eindeutige Antwort darauf gibt es nicht. Denn die Rendite eines Windparks hängt nicht nur stark von den jeweiligen Projekten ab, sondern ebenso von der individuellen Steuersituation. Und so gibt es nur Faustegeln. „Je höher das Einkommen, desto interessanter kann das Ausland sein“, sagt Cerstin Lange vom Fondsanbieter Energiekontor. Denn die im Ausland besteuerten Windparks werden zumeist wie juristische Personen behandelt und daher mit einem prozentual fixierten Steuersatz belegt. In Griechenland liegt dieser zum Beispiel bei 25 Prozent, in Portugal bei 30 Prozent. Hinzu kommen mancherorts Gemeindesteuern, die aber zumeist gering sind. Wer in Deutschland einem Einkommensteuersatz unterliegt, der höher ist als der Steuersatz des Unternehmens im Ausland, kann folglich von einem Auslandspark steuerlich profitieren.

Zu beachten ist jedoch auch, dass die Beteiligungen im Ausland zwar in Deutschland einkommensteuerfrei sind, aber dennoch dem Progressionsvorbehalt unterliegen. Das heißt: Wer beispielsweise 50.000 Euro im Jahr verdient und zudem 5.000 Euro durch Beteiligungen im Ausland erwirtschaftet, muss zwar nur 50.000 Euro versteuern, diese aber zu dem Steuersatz, der bei 55.000 Euro fällig ist.

Logisch ist zudem, dass es bei einkommensteuerfreien Beteiligungen im Ausland auch keine Verlustzuweisungen in den Anfangsjahren geben kann. Daher kommen für Investoren, die Wert auf rechnerische Verluste in den ersten Jahren legen, in der Regel nur Inlandsprojekte in Frage. Für Auslandsverluste gibt es meist nur einen negativen Progressionsvorbehalt, der sehr viel schwächer steuermindernd zu Buche schlägt.

Längst denken Experten über weitere Varianten nach. „Österreich und Italien sind steuerlich sehr attraktiv“, weiß Günther Hirth, Steuerexperte der Freiburger Kanzlei Coenders & Hirth, die viel im Bereich erneuerbare Energien arbeitet. Denn in diesen Ländern gibt es steuerliche Freibeträge. Bleibt ein Investor unterhalb dieser Summen, wird im Ursprungsland die Steuer erlassen, und in Deutschland fällt auch keine an. „Das ist dann der Traumfall für jeden Anleger“, sagt Hirth. Bislang allerdings gibt es noch keine solche Projekte auf dem Markt.

Ob die Windparks innerhalb der Europäischen Union liegen oder nicht, ist indessen für Anleger kaum relevant. Entscheidend sind die jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen, die Deutschland mit den betreffenden Staaten abgeschlossen hat. Größtenteils liegt diesen das so genannte OECD-Musterabkommen zugrunde. Damit sind die internationalen Regelungen – egal ob EU oder nicht – weitestgehend vereinheitlicht. Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl des Landes gibt es gleichwohl: die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zur Eurozone. Denn Projekte außerhalb des Euroraums bergen selbstredend Währungsrisiken in sich – aber natürlich auch entsprechende Chancen durch Kursschwankungen.

Einen kritischen Blick sollten Käufer von Windparkfonds außerdem auf die Einspeisekonditionen werfen. Nicht nur die Höhe der Vergütung ist dabei relevant, auch auf die Vertragsdauer sollten Anleger achten. In Deutschland ist die Sache klar: Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind die Vergütungen für 20 Jahre gesetzlich garantiert. In anderen Ländern sind die Vergütungen mitunter nur kürzer fixiert: in Frankreich zum Beispiel für 15 Jahre.

Auch die Ausgestaltung der Garantievergütung kann variieren. Während in Deutschland durch das EEG Fixbeträge garantiert werden und Ähnliches auch für Frankreich gilt, wird in Portugal die Vergütung monatlich entsprechend der Inflationsrate angepasst. In Griechenland wiederum ist die Höhe der Vergütung an den Strompreis gekoppelt. Beides sind Regelungen, die man gegenüber dem EEG als Vorteil werten kann (sofern man von steigenden Preisen ausgeht).

Über alle steuerlichen Finessen und Einspeisekonditionen hinaus können es aber auch einfach die Windgeschwindigkeiten sein, die Auslandsprojekte attraktiv machen können. Und so werden nach den Ländern Frankreich, Griechenland und Portugal, wo es zuletzt Projekte für den deutschen Markt gab oder noch gibt, bald weitere hinzukommen. „Eventuell gibt es bald ein Projekt in England“, heißt es bei Energiekontor. Und beim Grünen Emissionshaus in Freiburg blickt man nach Spanien: Dort seien „derzeit Windparks mit einer Gesamtleistung von 600 Megawatt beantragt“.

Somit gilt als sicher, dass Windprojekte im Ausland zunehmend den hiesigen Kapitalmarkt beleben werden. Der „Windweltmeister“ Deutschland erzielt damit gleich einen doppelten Exporterfolg: Nicht nur die Anlagen kommen meist aus Deutschland, auch das Gesetz, das den Boom hierzulande ausgelöst hat, ist zum Exportschlager geworden: Die Einspeiseregeln vieler Länder haben erkennbar das EEG zum Vorbild. BERNWARD JANZING

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen