: Party mit Trittihn
„Schraubenschlüssel Größe 41 passt“: Castor-Gegner fälschen BGS-Broschüre und geben Sabotage-Tipps
Spätestens bei dem Satz fällt der Groschen: „Bundesgrenzschutz-Beamte suchen Anerkennung, weil sie im Leben nichts Gescheites gelernt haben. Dann bin ich für sie da.“ Das sagt nicht wirklich „BGS-Pastor Gerd Wagner“ – sondern schreiben unbekannte AtomkraftgegnerInnen. Mit einem gefälschten „Sonderheft Castortransport 2002“, angeblich vom BGS Uelzen, kritisieren sie das Vorgehen der GrenzschützerInnen gegen DemonstrantInnen – und geben gleichzeitig für den Anfang November anstehenden nächsten Transport Tipps zur Schienen-Sabotage.
Denn, so die vorgeblichen BGS-RedakteurInnen, „präventive Maßnahmen erfordern genaue Sachkenntnis der zu erwartenden Aktivitäten“. So erfährt der Leser nebenbei, dass der Schraubenschlüssel Größe 41 für die Muttern an Bahnschwellen passt. Die Broschüre warnt, das Gleisbett sei schon dann destabilisiert, „wenn mehr als fünf Schwellen einseitig zu 30 Prozent freiliegen.“
Immer wieder komme es auch zu Beeinträchtigungen des Transportes „durch Bewerfen der Frontscheibe der Lok mit mit Lackfarbe gefüllten Beuteln“. Die Broschüre beklagt, dass sich die Proteste auf die Bahnstrecke Hannover-Celle-Lüneburg ausdehnen könnten: „Eine durchgängige Sicherung ist hier nicht leistbar, so dass es Störer leichter haben werden einzugreifen.“
Unter dem Titel „Bewegungsfreiheit effektiver einschränken“ fordert ein „Polizeihauptkommissar Dietmar Benz“, die „bereits bekannten ca. 1500-2000 Störer präventiv in Gewahrsam zu nehmen“. Zur Identifizierung verdächtiger Personen habe sich unter anderem das Kriterium „wetterfeste Kleidung“ bewährt.
Der echte Bundesgrenzschutz schickte gestern Nachmittag eiligst eine Richtigstellung und kündigte strafrechtliche Ermittlungen wegen Amtsanmaßung, Urkundenfälschung, Verleumdung und Beleidigung an. Andreas Bebensee, Sprecher des BGS Nord: „Wir finden das nicht lustig.“
Allerdings muss auch er zugeben, dass die Fälschung sofort erkennbar ist, wenn man zuerst die Rückseite der Broschüre liest. Dort wird für den Sonntag vor dem Transport die „mega-friendship-party“ in der Polizeiinspektion Lüchow angekündigt. Schirmherr: „Bundesumweltminister Jürgen Trittihn“.
Heike Dierbach
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen