: Ohne Geld nur Sex
Maximal eine kopfschräge Meditation über die gängigsten Klischees zur Pornoindustrie: Michael Ninns computernanimierter HC-Porno „2Funky4U“
Michael Ninn ist ein anerkannter Mann. In der Pornobranche gilt er als der Stanley Kubrick seines Fachs, einerseits kauzig und öffentlichkeitsscheu, andererseits stets an den neuesten technischen Errungenschaften interessiert. Auch Großfilmer Martin Scorsese soll von Ninns Werk fasziniert sein, angeblich haben ihm seine visuellen Idee und die Erzähltechnik imponiert. Vor allem mit aufwändigen Filmen wie „Shock“, „Latex“ und „New Wave Hookers 5“ hat Ninn sich seinen guten Ruf erarbeitet, sein neuester „2Funky4U“ soll ihm gewiss nicht schaden.
Nun ist „2Funky4U“ allerdings kein herkömmliches Werk aus dem Hause Ninn, sondern ein computernanimierter Hardcore-Porno in 3-D. Darin geht es im Wesentlichen um zwei Typen, die einen Porno drehen wollen, denen dafür aber das nötige Kleingeld fehlt. Um an das Geld zu kommen, haben sie deshalb zunächst mit einer sehr übergewichtigen Geldgeberin Sex, später haben sie dann noch mehr Sex. Diverse Darstellerinnen sowie ein sehr dämlicher, ein sehr kleiner und sehr tuntiger Pornodarsteller runden die Handlung dabei ab. Doch bekanntlich kommt es bei einem Porno ja auf die Geschichte nicht an. Aber wenn es darauf nicht ankommt, worauf dann?
Da man davon ausgehen darf, dass die Betrachtung von vögelnden, komplett animierten Computerfiguren nur den sexuellen Vorlieben einer sehr überschaubaren Zielgruppe entspricht, könnte es daher sein, dass „2Funky4U“ eigentlich gar kein richtiger Porno ist. Viel wahrscheinlicher ist er nämlich eine relativ kopfschräge Meditation über die gängigsten Klischees zur Pornoindustrie, über dämliche Akteure, notgeile Produzenten und Dilettanten hinter der Kamera. Um das Ganze als Komödie zu tarnen, bot es sich offenbar an, sämtliche Dialoge in einem haarsträubenden Pimp-Slang zu halten, die – wie in richtig schön schäbigen Pornos üblich – natürlich niemals lippensynchron gesprochen werden. Im Gegenzug entsprechen auch die Animationen dem Niveau eines ungefähr sechs Jahre alten PlayStation-Spiels. Dazu gehört, dass Licht und Schatten ein seltsames Eigenleben führen, dass alle weiblichen Figuren eine verblüffende Ähnlichkeit mit Halle Berry haben, und dass bei den endlosen, seltsam mechanischen Sexszenen Arme und Beine immer wieder aus ihren Gelenken springen. Was die Praktiken betrifft, bleibt der Film ansonsten weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Da also eigentlich alles nicht zueinander passt, passt eigentlich alles ganz gut. Weshalb nun nur noch die Frage bleibt, was das nun wieder soll. Das ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich wollte Michael Ninn als erster Pornofilmer mit einem aufwändigen Animationsfilm reüssieren und seinen Ruf als Visionär seines Genres festigen. Dass ihm der Film dabei viel schmutziger, schäbiger und billiger geraten ist als seine Hightech-Pornos mit echten Menschen, liegt entweder an seiner Kunst, seinem Scheitern oder seinem Humor. Doch wie immer der Sache auch liegen mag, irgendwie komisch ist der Film schon.
HARALD PETERS
„2Funky4U“. Regie: Michael Ninn. USA 2002, 60 Minuten
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen