AUF DAUER HELFEN AUCH HÖHERE KRANKENKASSENBEITRÄGE NICHT
: Grenzen der Risikoabsicherung

Überraschend kommt die saftige Beitragsanhebung bei den gesetzlichen Krankenkassen nicht. Ehemals erschien es als Sparmaßnahme des alten Bundesarbeitsministers Riester, die Krankenkassenbeiträge für die Arbeitslosen abzusenken. Die Folgen zeigen sich jetzt – in den Krankenkassen klaffen Milliardenlöcher. Zudem lässt die schlechte Konjunktur die Arbeitslosigkeit steigen und führt zu weiteren Einnahmeausfällen.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt setzt auf ihre alten Rezepte, um dem Finanzkollaps der Krankenkassen vorzubeugen: Ausgabenbegrenzung für teure Arzneien, mehr Wettbewerb im Gesundheitssystem, ein erschwerter Wechsel in die Privatversicherung. Je mehr die Ministerin jedoch Einschnitte bei Leistungen und Zuzahlungen ausschließt, desto mehr drängt sich der Eindruck auf, dass hier eine Diskussion aufgeschoben wird, um das politische Gesicht zu wahren.

Die angeblich sozialverträglichste Form, mit Finanzproblemen der Sozialversicherungen umzugehen, waren immer die Beitragssatzerhöhung und die Einnahmeverbreiterung. Deswegen will Schmidt auch den Wechsel jüngerer Erwerbstätiger in die Privatkassen erschweren. Doch dass der Wechsel in die privaten Krankenkassen erschwert wird, empfinden viele jüngere Erwerbstätige als repressiv. Wenn aber ein Sicherungssystem von vielen Menschen als Zwangsystem empfunden wird, dann ist das eine bedenkliche Umdeutung.

Es ist nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch der Psychologie, ob man immer mehr Menschen dazu zwingt, immer höhere Beiträge in ein Sozialversicherungssystem einzuzahlen, oder ob man Einschnitte bei Leistungen und mehr Eigenbeteiligung im Krankheitsfall befürwortet. Was ist besser: ein Sozialsystem langsam zu einem Zwangssystem umzuformen oder den Einzelnen seine Lebensrisiken etwas mehr selbst tragen zu lassen? Um diese Frage kann man sich nicht herumdrücken. Vielleicht gibt es gute Gründe, über Einschränkungen bei den Leistungen zu reden. Und zwar dann, wenn das zum gegebenen Zeitpunkt das kleinere Übel ist. BARBARA DRIBBUSCH