: Togos Opposition boykottiert die Wahl
In dem westafrikanischen Land wird ein neues Parlament gewählt. Doch das bedeutet keine Demokratisierung
COTONOU taz ■ Die Partei des Präsidenten von Togo besitzt einen unbestreitbaren Wahlkampfvorteil: Das Abbild von ihrem Chef, Gnassingbé Eyadema, hängt überall im Land. Ob in Büros, Geschäften, Restaurants, oder Hotels – sogar in Imbissbuden findet sich das Konterfei des dienstältesten Staatschefs Afrikas. Eyadema – der „Vater der Nation“, wie er gerne genannt werden möchte – hat dem kleinen westafrikanischen Land seit Jahren Personenkult verordnet.
Angesichts der Parlamentswahl am kommenden Sonntag tauchen kurzfristig noch ein paar Bilder mehr in den Straßen von Togo auf. 134 Kandidaten bewerben sich um 81 Sitze in der Nationalversammlung. Wahrend der größte Teil der Opposition zum Wahlboykott aufgerufen hat, hat ein wesentlich kleinerer Teil 32 Kandidaten aufgestellt. Damit bekommen nach Angaben der Boykotteure über 40 Kandidaten der Regierungspartei (Bewegung des togoischen Volkes, RPT) ohne Gegenkandidaten automatisch wieder ein Mandat für die Nationalversammlung – darunter viele hochrangige Mitglieder des gegenwärtigen Regimes.
Die Gründe für den Wahlboykott hat die Hauptopposition in einer gemeinsamen Erklärung vor rund zwei Wochen bekanntgegeben: Die neue Wahlordnung sei nicht mit der Opposition abgesprochen, heißt es darin. Die Erklärung ruft alle Togoerinnen und Togoer zum Boykott auf.
Im Sommer 1999 hatten sich die wichtigsten Oppositonsparteien und die Regierung auf das „Lomé-Rahmenabkommen“ geeinigt, das unter anderem das Verfahren zukünftiger Wahlen regelte, einen Demokratisierungsprozess einleiten sollte und Neuwahlen zur Nationalversammlung vorah. Das Abkommen kam auch auf Druck des Auslands zustande.
Einige Monate zuvor hatte die Opposition die Parlamentswahlen boykottiert, weil die Präsidentschaftswahlen im Juni 1998 gefälscht worden seien. Nach der Unterzeichnung des Rahmenabkommens entwickelte sich nach langer Zeit wieder ein politischer Dialog zwischen Regime und Opposition. Aber vor rund einem Jahr kündigte die Regierung einseitig die Absprachen. Ein neuer Stillstand war die Folge. Seither verschob die Regierung immer wieder den Termin für die Parlamentswahlen – zuletzt ohne Nennung eines Datums. Bis überraschend im September der Wahltermin für kommenden Sonntag festgelegt wurde.
Die innenpolitische Lage in Togo ist aufgewühlt wie seit langem nicht mehr. Gilchrist Olympio, ein Oppositionsführer, sagte kürzlich: „Eyadema muss gestoppt werden, bevor es zu spät ist.“ Das Wort Diktatur sprechen inzwischen nicht nur Oppositionelle aus. Auch kritische Stimmen innerhalb der Regierungspartei RPT werden lauter. Ein RPT-Reformer unterschrieb gar den Boykottaufruf.
Noch spektakulärer war die Flucht des ehemaligen Premierministers Agbéyomé Kodjo vor einem knappen halben Jahr. 24 Stunden seiner Entlassung veröffentlichte Kodjo ein „politisches Testament“ – eine Abrechnung mit dem Regime von Eyadema: „Altertümlicher Populismus, Unrechtsstaat, ein verirrtes, monarchistisch-despotisches Regime“ schimpfte der Geschasste auf das Regime, dem er jahrelang angehörte. Nun steht er auf der Fahndungsliste der togoischen Sicherheitskräfte und harrt in Frankreich der Dinge.
Bereits nach den unfairen Parlamentswahlen von 1999 fuhr die EU ihre Entwicklungshilfe für Togo stark herunter. Seit die Regierung das Rahmenabkommen mit der Opposition einseitig änderte, finanziert die EU nicht einmal mehr die Dialoge. Mehrmals mahnten europäische Politiker den Präsidenten, die Verfassung zu achten und im kommenden Jahr nicht noch einmal für das höchste Amt zu kandidieren. Bislang will sich Eyadema daran halten.
Allerdings fährt der 67-jährige eine immer härtere Linie gegen Pressefreiheit und Pluralismus. Erst im September verabschiedete das Parlament eine neues Mediengesetz, das so genannte beleidigende Artikel über Vertreter des Staates unter höhere Strafe stellt. Wer den Präsidenten von nun an „beleidigt“, muss mit ein bis fünf Jahren Gefängnis rechnen. Billiger kommt man weg, wenn man nur dem Premierminister Übles nachredet: drei Monate bis zwei Jahre. Wobei selbst der Expremier schlecht über das Regime redet. HAKEEM JIMO
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