: heinrich iv.
Fischers Vorbild
Der mächtigste Mann seiner Zeit wurde unter zweifelhaften Umständen gewählt, er war von religiösem Eifer beseelt, und er stürzte die Welt mit seiner Politik des Unilateralismus in Krisen und Konflikte. Nicht von George W. Bush ist die Rede, sondern vom mittelalterlichen Reformpapst Gregor VII. (1020–1085). Unermüdlich kämpfte der Pontifex gegen die Mächte des Bösen. Dazu gehörte auch der Anspruch, über die Einsetzung – die „Investitur“ – aller Bischöfe entscheiden zu dürfen. Zum ganz großen Konflikt kam es aber nur mit Deutschland, wo die Frage in den Wahlkampf geriet: Die Bischöfe waren dort politisch besonders wichtig, weil sie auch an der Wahl des Königs mitwirkten.
Zum Gegenspieler jener Tage schwang sich der junge König Heinrich IV. (1050–1106, Abb.) auf. Der „Investiturstreit“ eskalierte. Als der Papst über Heinrich den Kirchenbann verhängte, fielen die deutschen Fürsten von ihm ab. Kurzentschlossen reiste er nach Italien, wo sich der Papst in die Burg der befreundeten Gräfin Mathilde von Canossa (1046–1115) flüchtete. Doch Heinrich wollte nur Abbitte leisten. Drei Tage lang harrte er vor dem verschlossenen Burgtor aus, dann löste Gregor den Bann.
Kurzfristig war der König gerettet. Aber langfristig trug diese Demütigung viel zur chronischen Schwäche der deutschen Zentralgewalt bei. So sah es wohl auch Bismarck, der im Kulturkampf mit der katholischen Kirche 1872 erklärte: „Nach Canossa gehen wir nicht.“ RAB
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