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Mehrere Anschläge im Township Soweto

In Südafrika wird über einen rechsradikalen Hintergrund spekuliert. Doch bislang bekannte sich niemand zu der Tat

JOHANNESBURG taz ■ Noch gibt es keine Beweise einer rechtsradikalen Verschwörung, die für die neun Bombenanschläge und den Tod eines Menschen im Township Soweto, südwestlich von Johannesburg, verantwortlich sein könnte. Allerdings verurteilte Südafrikas Präsident Thabo Mbeki die Explosionen, die in der Nacht von Dienstag zu Mittwoch die größte Schwarzensiedlung sowie die südafrikanische Bevölkerung schockierte, als Werk von rassistischen Kriminellen. Die Regierung besitze seit einiger Zeit Informationen, dass rechtsradikale Gruppen das Land destabilisieren und die Bevölkerung verunsichern wollten, sagte Mbeki. „Es ist eine kleine Gruppe, und sie werden auf keinen Fall mit ihren Zielen, rassistisch motivierte Spannung zu verursachen, erfolgreich sein“, sagte der Präsident. Er bezeichnete solche Gruppierungen als Feinde weißer und schwarzer Südafrikaner.

Gegen 23.30 Uhr Dienstagnacht war die erste Bombe in einer Moschee in Soweto explodiert. Niemand befand sich in dem Gebäude, das schwer beschädigt wurde. Einige Minuten später ging die zweite Bombe an einer nahe gelegenen Bahnstation hoch. Wie in einer Kettenreaktion explodierten die übrigen Sprengsätze an anderen Bahngleisen und einer Taxistation in verschiedenen Ortsteilen von Soweto, wo schätzungsweise drei Millionen Menschen leben. Bei den Anschlägen kam eine Frau ums Leben. Ihr Ehemann wurde schwer verletzt, als im Zuge einer Explosion ihre einfache Hütte zerstört wurde. Durch die Anschläge wurde die Bahnverbindung nach Johannesburg größtenteils lahm gelegt. Nun sind Busse im Einsatz, um tausende von Pendler nach Johannesburg und zurückzubringen.

Die Anschläge seien gut organisiert gewesen, erklärte die Polizei. Die Bombenleger besäßen militärisches Training. Die verwendeten Sprengsätze seien vergleichbar mit den von Rechtsradikalen gebrauchten Materialien, die im Vorfeld der Wahlen 1994 Bombenterror und Chaos in Südafrika brachten. Niemand hat sich jedoch bisher zu den Taten bekannt.

Die Polizei hatte keine vorherigen Warnungen erhalten. Aber Polizeipräsident Jackie Selebi vermutet eine „große rechtsradikale Bewegung“ hinter den Explosionen und erklärte, zwei „verdächtig handelnde Weiße“ seien an einer Tankstelle in Soweto kurz vor den Explosionen gesehen worden. Selebi warnte vor weiteren Bombenanschlägen. Nahe Pretoria explodierte gestern eine Bombe in einem buddhistischen Tempel, doch es ist unklar, ob dies mit den Anschlägen in Soweto in Zusammenhang gebracht werden kann.

Martin Schonteich, Mitarbeiter im Institut für Sicherheitsstudien in Pretoria, schließt den geäußerten Verdacht auf den Kreis der Täter nicht aus, erklärte jedoch, die extreme Rechte habe in Südafrika nicht die Kapazitäten und Verbündeten, die Regierung tatsächlich zu bedrohen. Allerdings sei genügend Potenzial vorhanden, um Chaos anzurichten.

Der rechtsradikale Flügel ist seit den demokratischen Wahlen 1994 ruhig. Eine Gruppe Rechtsradikaler musste sich zwar kürzlich wegen Drohungen, den Staat zu stürzen, vor Gericht verantworten. Doch es gibt bislang keine Beweise, dass Rechtsradikale hinter den Explosionen in Soweto stecken.

MARTINA SCHWIKOWSKI

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