Ich, Olli und die Springer-Sensibelchen
:

Als Prominenter hat man es nicht leicht. Nicht mal als indirekte Berühmtheit. Meine besteht darin, dass ich mit Oliver Kahn auf die Schule gegangen bin. Gut, das anerkennende Raunen, dass ich mit locker hingeworfenen Bemerkungen („der Olli und ich“) in Kreisen ernte, in denen ich als Fußballbanause sonst nicht gerade glänzen kann – das hat schon was. Aber manchmal ist es auch unangenehm.

Zum Beispiel, wenn einen der hochmögende Redaktions-Chef der „sportbild“ höchst persönlich und höchst ungehalten anblafft, weil man in seinem Blatt denn doch nicht als Zeitzeuge herhalten möchte – unschön. Aber vielleicht muss man’s auch verstehen. Schließlich habe ich tolle Anekdoten zu erzählen! Intimes von früher!! Und seiner netten Volontärin hatte ich auch schon Andeutungen gemacht. Hartes Brot für einen Springer-Journalisten, wenn der Informant vom Haken springt.

Aber der treuen Leserschaft der taz-Bremen-Kulturseite will ich meine exklusiven Erinnerungen nicht länger vorenthalten. Also, jetzt kommt‘s. Meine Hauptanekdote ist ja die mit dem Flohmarkt. Wie Olli mich, den armen kleinen Sechstklässler, gandenlos beschiss. Gnadenlos! Unter dem Vorwand, mein Matchboxauto kaufen zu wollen, drückte er mir eine Mark in die Hand. Ich gab ihm 50 Pfennig wieder, und dann hatte ich den Ärger am Hals: Er wollte drei Mark fünfzig zurück! Na, dass der Olli nicht so gut rechnen kann, ist doch nicht verwunderlich, werden Sie sagen. In der Tat: Wie das in Mathe lief, ist eine Geschichte für sich. Aber hier ging es um Erpressung! Raub! Zumindest Betrug – Olli hat mich abgelinkt. Da war nicht‘s zu machen. Breites Kreuz, starrer Blick, Stehvermögen. Da gab‘s schon damals keinen Weg vorbei.

So. Jetzt hab’ ich Ihnen einen ordentlichen Wissensvorsprung vor den „bild“-Lesern verschafft. Damit können Sie heute im Werderstadion glänzen.

Was „sportbild“ noch besonders spannend fand: Die Klamotten. Trug Olli Lederjacke? Den Kragen vielleicht hochgestellt? Tja. Ehrlich gesagt kann da selbst ich nicht weiter helfen. Aber mit den Haaren – stimmt, da war was bei der Klassenfahrt nach Berlin. Olli blockierte eine geschlagene Stunde den einzigen Waschraum in der Unterkunft, um an seiner blonden Mähne rum zu zu zuppeln. Und als er rauskam, sah er genauso aus wie vorher.

Finden Sie langweilig? Bei „sportbild“ wär’ ich damit groß rausgekommen. Aber man kann sich seine Leserschaft ja nicht aussuchen. Nicht‘s für ungut. Aber unterm Strich ist Olli für mich eben ein Verlustgeschäft. Nicht nur, dass Olli mir bis heute mein Geld nicht zurück gezahlt hat. Auch meine geniale Geschäftsidee, der „sportbild“ die Telefonnummern von auskunftswilligen ehemaligen Klassenkameraden zu verkaufen, schlug fehl, angesichts der Sportchef-Enttäuschung.

Ich dachte ja immer, die von Springer wären nicht so sensibel. Aber Olli ist ja auch ganz anders, als man das von Außen so denkt – um das nur mal anzudeuten.

Henning Bleyl