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Spielzeug für die Milliardäre

Der America’s Cup, wichtigster aller Segelwettbewerbe, dessen Vorrunde vor der Küste Neuseelands gestern zu Ende ging, wird zunehmend zum Prestigeobjekt für die Superreichen dieser Welt

von MATTI LIESKE

Milliardäre haben manchmal seltsame Ideen. Wer in der westlichen Zivilisation sozialisiert wurde, weiß dies, seit er mit Dagobert Duck Bekanntschaft machte. In der Tat erinnert der aktuelle Kampf um den America’s Cup, die prestigeträchtigste Segeltrophäe der Welt, frappierend an jene denkwürdigen Fehden, die Dagobert mit seinem talerschweren Konkurrenten Mac Moneysac oder Flintheart Glomgold auszufechten pflegte. Was läge für die reichsten Männern des Planeten, die ohnehin ihr halbes Leben auf Segeljachten verbringen, auch näher, als ihre kostspieligen Spielzeuge ins Rennen um einen der fettesten Batzen zu schicken, den der Sport zu bieten hat? Dennis Conner, der Veteran, der sein Team „Stars and Stripes“ ganz altmodisch von diversen Sponsoren finanzieren lässt, nennt die betuchten Rivalen nur „The Bees“, den „Billionaires Club“.

Larry Ellison zum Beispiel, jüngst unter die Top Five der Superreichen aufgestiegen, hat 85 Millionen Dollar in sein Projekt „Oracle BMW Racing“ gesteckt. „Wenn du vier Weltmeisterschaften gewonnen hast, bleibt nur noch der America’s Cup“, erklärt Ellison, selbst ein versierter Segler, der auch persönlich zum Steuer greift, seine Motivation. Kaum billiger kommt Craig McCaw aus Seattle mit seiner „OneWorld“ weg, obwohl er noch 10 Millionen Dollar bei Microsoft-Mitgründer Paul Allen lockermachte, der dafür als 17. Mann mitsegeln darf. McCaw, auch dadurch bekannt geworden, dass er jüngst dem Orca Keiko, Hauptdarsteller im Film „Free Willy“, die Freiheit kaufte, verfolgt zudem einen guten Zweck. Er will für die Rettung der Ozeane agitieren und hat 100.000 Bäume auf Inseln des Hauraki-Golfs bei Auckland – Schauplatz der Regatten – gepflanzt, um den Schaden durch die Abgase der Beiboote auszugleichen. An freien Tagen bergen seine Matrosen Müll aus dem Meer.

Mit von der Partie auch der italienische Modezar Patrizio Bertelli, dessen Prada vor zwei Jahren erst im Finale von Peter Blakes Team New Zealand geschlagen wurde, der englische Computer-Tycoon Peter Harrison und der italienische Großreeder Vincenzo Onorato, dessen „Mascalzone Latina“ jedoch nach dem gestrigen Abschluss der Vorrunden als einziges der neun Boote die Segel streichen musste, gerade noch abgefangen von der französischen „Le Defi Aveva“.

Am besten schnitt bisher die „Alinghi“ von Ernesto Bertarelli ab. Der Pharmazeutikkrösus aus der Schweiz verwendete einen Teil der rund 60 Millionen Dollar, die er in das Projekt steckte, dazu, nicht nur den deutschen Spitzensegler Jochen Schümann als Sportdirektor zu holen, sondern auch Skipper Russell Coutts und Taktiker Brad Butterworth vom neuseeländischen Cupverteidiger abzuwerben. Die „Alinghi“ beendete die beiden ersten Runden an der Spitze und darf sich zur Belohnung, ebenso wie Ellisons „Oracle“, den Gegner für das Viertelfinale wählen.

Nicht nur Larry Ellison stellte beim einmonatigen Vorgeplänkel unter Beweis, dass Milliardäre eines besonders schlecht können: verlieren. Prada-Boss Bertelli feuerte seinen verdienten Chef-Bootsdesigner Doug Peterson, bei „Le Defi“ flog Steuermann Philippe Presti, Harrison warf dessen Kollegen Andy Green raus. Den spektakulärsten Coup landete jedoch Ellison, als er nach einer Niederlagenserie kurzfristig den diktatorischen Skipper Chris Dickson, den er acht Monate vorher nach einer Meuterei der Crew entlassen hatte, zurückholte und an die Stelle von Peter Holmberg setzte. Dickson erhielt völlig freie Hand und holte prompt mit vier Siegen in Folge noch Rang zwei. Was Larry Ellison nicht ahnte, war, dass er selbst ein Opfer des eigenwilligen Rückkehrers werden könnte. Dickson nämlich entschied sich für den degradierten Holmberg, einen der weltbesten Segler, als Steuermann. Ellison musste an Land bleiben.

Nach dem Viertelfinale ab 12. November und dem Halbfinale im Dezember wird im Januar nicht nur der endgültige Herausforderer für das eigentliche America’s Cup-Finale gegen Team New Zealand ermittelt, sondern wohl auch schon der mutmaßliche Gewinner. Die Chancen des Titelverteidigers gelten als dünn, verlor er doch nicht nur Coutts und Butterworth, sondern auch seinen guten Geist, Peter Blake, der letztes Jahr am Amazonas von Piraten ermordet wurde. Nur 40 Millionen Dollar hat das neuseeländische Syndikat investiert, obwohl man sich auch die Dienste eines Milliardärs sicherte. Zu den Sponsoren zählt der deutsche Computerunternehmer Hasso Plattner. Willkommen im Club der „Bees“!

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