: Steine jetzt sauber
Diamantenindustrie beschließt Zertifizierungssystem, um den Handel mit illegalen „Blutdiamanten“ zu beenden
BERLIN taz ■ Die internationale Diamantenindustrie kommt heute und morgen im schweizerischen Interlaken zu einer Konferenz zusammen, um endgültig ein neues Regulierungssystem für den Handel mit den Edelsteinen einzuführen. Das System, wonach nur noch Steine mit einem Herkunftszertifikat der Regierung ihres Ursprungslandes in den legalen Handel einfließen dürfen, wurde jahrelang diskutiert und letzte Woche formell vom Weltdiamantenrat, dem internationalen Branchenzusammenschluss, verabschiedet. Es ist eine Reaktion auf Anschuldigungen, wonach Diamentenschmuggel Kriege finanziert.
Der Weltdiamantenrat beschloss in London am 29. Oktober, all seine Mitglieder dazu zu verpflichten, nur noch solche Diamanten anzukaufen, die ein Zertifikat mit folgendem Wortlaut tragen: „Die hiermit in Rechnung gestellten Diamanten wurden von legitimen Quellen erworben, die nicht an der Finanzierung von Konflikten beteiligt sind und UN-Resolutionen einhalten. Der Verkäufer garantiert hiermit, dass diese Diamanten konfliktfrei sind, auf Grundlage persönlichen Wissens und/oder schriftlichen Garantien des Lieferanten dieser Diamanten.“ Unternehmen, die diese Garantie nicht bringen, dürfen keine Diamanten mehr abgekauft werden.
Mit dieser Beschränkung soll der Diamantenhandel dazu gezwungen werden, seine Geschäftsverbindungen mit Rebellengruppen und illegalen Ausbeutern in Konfliktgebieten abzubrechen. Nach unabhängigen Angaben dienen rund vier Prozent der weltweiten Diamantenförderung der Finanzierung von afrikanischen Warlords – an erster Stelle wurden die Unita-Rebellen in Angola und die RUF-Rebellen in Sierra Leone genannt.
Wenn der Londoner Beschluss in Interlaken auch von den beteiligten Regierungen bestätigt wird, was als Formsache gilt, kann das weltweite Zertifizierungssystem Anfang 2003 in Kraft treten. Dieser so genannte Kimberley-Prozess schließt solche Länder komplett aus dem Handel aus, die keine Herkunftszertifikate einführen.
Das System stellt nicht alle Kritiker zufrieden. Die deutsche Medico International sagte: „Bleibt es dabei, dass die Diamantenindustrie jede Form von unabhängigen Kontroll- und Verfizierungsmechanismem ablehnt, dann sind alle öffentlichen Beteuerungen von De Beers und anderen lediglich PR-Maßnahmen.“
Andere Kritiker bemängeln die Gleichsetzung von „konfliktfreien“ Diamanten mit der Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung durch eine Regierung. Denn auch Regierungen können mit Rohstoffexporten Kriege finanzieren. So wies eine UN-Untersuchungskommission erst vor zwei Wochen nach, dass die Regierung der Demokratischen Republik Kongo mit den Erlösen der staatlichen Diamantenfirma Miba Waffen für den Kongokrieg kaufte und dass Simbabwes hohe Militärs Profit aus dem legalen kongolesischen Diamantenexport ziehen. In Reaktion entließ Kongos Regierung Ende letzter Woche die Direktion der Miba. Aber unter dem Kimberley-Prozess wird der Handel mit Miba-Diamanten in Ordnung sein. DOMINIC JOHNSON
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