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Neukölln zahlt nicht

Das Sozialamt Neukölln stoppt Zahlungen an freie Träger, weil der Sozialhilfe-Etat für dieses Jahr aufgebraucht ist

Bezahlt wird nicht! Weil die Neukölln zustehenden Sozialhilfemittel seit gestern aufgebraucht sind, zahlt der Bezirk keine Leistungen mehr, die nicht gesetzlich vorgeschrieben sind. Betroffen sind in erster Linie freie Träger und medizinische Einrichtungen, die sich um die Eingliederung behinderter Sozialhilfeempfänger kümmern. Die „normale“ Sozialhilfe, die so genannte Hilfe zum Lebensunterhalt für die rund 38.000 Sozialhilfeempfänger des Bezirks, ist von diesen drastischen Sparmaßnahmen nicht betroffen.

„Wir sind illiquid“, begründete gestern der Neuköllner Sozialstadtrat Michael Büge (CDU) die Maßnahme. Die vom Senat zur Verfügung gestellten Mittel für die Sozialhilfe reichten nicht aus, weil für immer mehr Sozialhilfeempfänger weniger Mittel zur Verfügung stünden. Dies sei nicht hinnehmbar, der Senat müsse die in den Etat eingestellten Ansätze und Mittelkürzungen überdenken, so Büge.

Der Bezirk will jetzt die Novemberrechnungen, die er von den Trägern erhält, nicht wie üblich im Dezember, sondern erst im Januar begleichen – mit den Mitteln des kommenden Jahres. Büge geht davon aus, dass die Träger diese Lücke überbrücken können; der Bezirk hält so zunächst rund zehn Millionen Euro zurück.

Langfristig helfe das aber nicht weiter, weiß der Sozialstadtrat. Mache man so weiter, wäre bereits Mitte 2004 alles Geld ausgegeben, dass Ende 2005 zur Verfügung steht. Büge fordert die Verantwortlichen auf, schnell zu handeln. Landes- und bundesgesetzliche Initiativen seien jetzt notwendig, da die Sozialhilfeausgaben grundsätzlich nicht auf kommunaler Ebene gesteuert werden könnten. Sozialstadtrat Büge: „Kommt es nicht dazu, werden die Bürger die Folgen einer Landespolitik tragen müssen, die jeden sozialen Anspruch verloren haben wird.“ RICHARD ROTHER

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