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Verbleichende architektonische Spuren

Die Intensität vergangener Abrisspolitik kann sich mit der aktuellen durchaus messen, das Interesse am Verschwundenen allerdings steigt stetig: In St. Jacobi läuft die letzte Runde der von Volker Plagemann und der Stiftung Denkmalpflege initiierten Vortragsreihe zur Kunst in Hamburg

Hamburgs gotischer Dom? Verschwunden. Wo er einst stand, ist heute ein Parkplatz. Ungerührt hatten die Stadtväter das Kirchengebäude 1807 abreißen lassen. Abrisspolitik hat in Hamburg nämlich durchaus Tradition, doch das Interesse am Verschwundenen steigt: Als Volker Plagemann, Professor für Kunstgeschichte und Senatsdirektor der Kulturbehörde, 1998 nach Resten des Mariendomes forschte und in St. Jacobi Fachleute referieren ließ, versammelten sich etliche Interessenten.

Grund für Plagemann, die Reihe – gemeinsam mit der Stiftung Denkmalpflege – fortzusetzen und jedes Jahr eine Epoche Hamburger Architektur- und Kunstgeschichte vorzustellen. An jeweils drei Freitagnachmittagen im November referieren insgesamt 15 Fachleute neueste Forschungsergebnisse. Themenschwerpunkte waren 1999 das Mittelalter, 2000 der protestantische Barock, 2001 die Entwicklung der Moderne. Dazu erschien eine von Plagemann edierte, reich bebilderte, konzis informierende Dokumentation.

Jetzt ist der dritte Band herausgekommen: Die Kunst in Hamburg von der Aufklärung in die Moderne mit Beiträgen bekannter Autoren wie Joist Grolle oder Franklin Kopitzsch. Der Herausgeber selbst widmet sich entschwundenen Baudenkmälern wie weiteren abgerissenen Kirchen oder der Niederlegung der alten Stadtbefestigungen, deren Beseitigung Voraussetzungen dafür schuf, dass Neues entstehen konnte: eine moderne Großstadtplanung, Parkanlagen, neue Kulturbauten.

Dieser Band ist Ausgangspunkt der aktuell laufenden Vorträge zur Moderne. Am heutigen Freitag steht die Kulturproduktion des 20. Jahrhunderts im Zentrum: die Künstlervereinigung „Hamburgische Sezession“, die Maler Friedrich Ahlers-Hestermann, Eduard Bargheer und Heinrich Steinhagen sowie der Bildhauer Richard Haizmann. Eine Woche später geht es um Kunst im öffentlichen Raum; ein Vortrag von Kunsthallen-Direktor Uwe M. Schneede über die Gegenwartskünstlerin Hanne Darboven schließt die Reihe ab.

Plagemann, der seit 2000 als Professor an der Universität Hamburg lehrt, bietet die Vortragsfolgen inzwischen als Einführungsveranstaltungen für seine Seminare im Wintersemester an: „An drei Nachmittagen über ein Dutzend Spezialisten vorgeführt zu bekommen, ist ein prima Einstieg“, meint der Kunsthistoriker. Plagemann, zugleich Fachreferent der Kulturbehörde, der nächstes Jahr in den Ruhestand geht, ist es gelungen, Fachleute, Studierende und die interessierte Öffentlichkeit unter einem Dach zu versammeln.

KAI-UWE SCHOLZ

8.,15.+22. November, 15 Uhr, St. Jacobi

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