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Ebbe in der Jobbörse

Rund 3,93 Millionen Menschen hatten im Oktober keine Arbeit. Clement wirbt im Bundestag für Hartz-Gesetze, Union zeigt sich gesprächsbereit

NÜRNBERG/BERLIN dpa ■ Überschattet von der höchsten Oktober-Arbeitslosigkeit seit 1997 hat der Bundestag erste Weichen für eine Totalreform des Arbeitsmarkts gestellt. Die Union bot der Regierung dabei ihre Unterstützung an, stellte aber Bedingungen. Mit knapp 3,93 Millionen erwerbslosen Männern und Frauen gab es im Oktober lediglich einen Rückgang um 12.100, den geringsten seit der Arbeitsmarktkrise im Jahr 1996. Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit (BA) von gestern stieg die Zahl der Erwerbslosen im Jahresvergleich um 204.300.

Die Arbeitslosigkeit habe im Zuge der üblichen Herbstbelebung nur „verhältnismäßig wenig abgenommen“, sagte BA-Vorstandschef Florian Gerster. Die Wirtschaft wachse weiterhin nur so schwach, dass die Schwelle, die gewöhnlich zu Neueinstellungen führe, nicht erreicht werde. Die Unternehmen kämen mit immer weniger Personal aus. Die Arbeitslosenquote sank binnen Monatsfrist um 0,1 Punkte auf 9,4 Prozent. Vor einem Jahr hatte sie noch bei 9,0 Prozent gelegen.

Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) beurteilte die Lage als „unverändert ernst“, rechnet aber damit, dass die 2003 erwartete Konjunkturbelebung den Arbeitsmarkt beflügelt. Zudem setzt er auf die Hartz-Vorschläge. Im Bundestag sagte Clement zur Einbringung des rot-grünen Gesetzentwurfs, „die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland duldet keinen Aufschub der Aktivitäten“. Rot-Grün plant deshalb, die Reform bereits am Freitag kommender Woche zu verabschieden, damit sie in Teilen zum 1. Januar 2003 in Kraft treten kann.

Clement forderte Zusammenarbeit über Gruppen und Lagerdenken hinweg. „Auf diesem Feld gewinnen wir keine parteipolitischen Schlachten.“ Für die Union bot der arbeitsmarktpolitische Sprecher Karl-Josef Laumann Unterstützung an. Er forderte aber mehr als die vorgesehenen fünf Tage Beratungszeit und Änderungen bei der geplanten tariflichen Gleichstellung von Leiharbeitern. Die höheren Verdienstgrenzen für Minijobs müssten über den haushaltsnahen Bereich hinaus ausgedehnt werden. Nachbesserung forderte er auch an den niedrigeren Vermögensfreigrenzen bei Beziehern von Arbeitslosenhilfe. Leiharbeiter sollten erst nach 12 Monaten gleichen Lohn erhalten.

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