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Die Leiden des jungen Freder

Fritz Langs legendäres „Metropolis“ ist wieder da. Von vielen als Weltkulturerbe bezeichnet, erobert der antike Science Fiction-Monumentalfilm die Bremer Glocke – ziemlich mitreißend vertont vom Landesjugendorchester. Und: Selbst das Publikum leidet mit dem unbeholfenen Helden

Kahl geschorene Arbeiter rödeln zum leidvollen Stakkato an abstrusen Maschinen

Waren unförmige Pumphosen wirklich mal in? Und warum sind junge Burschen in alten Filmen immer so weibisch geschminkt? Keine Ahnung, ist eben so. Fritz Langs Science Fiction-Spektakel „Metropolis“ jedenfalls wurde trotzdem ein Riesenerfolg.

Obwohl: Die meisten Musiker des Bremer Landesjugendorchesters kannten den Kult-Streifen von 1926 zunächst gar nicht. Dirigent Stefan Geiger brachte sie erst auf den Trichter und gemeinsam wagten sie sich an die Vertonung; die stummfilmische Organisation übernahm das Waller Kino 46. Metropolis ist nicht ihr Gesellenstück. Auf dem Orchesterprogramm stand auch schon mal Charlie Chaplin. Diesmal aber fordert Stefan Geiger sein Orchester heraus: Die Begleitmusik zu „Metropolis“ ist nicht gerade einfach gestrickt.

Bei der Generalprobe gibt Konzertmeisterin Hannah Zimmer mit der Geige den Ton an. Ein A für die Streicher, ein A für die Bläser. Auf der riesigen Leinwand, die über den Musikerköpfen schwebt, regt sich etwas. Der erste harmonische Akkord und dann ist die Glocke nicht mehr die Glocke, sondern Metropolis.

Der Film ist die erschreckende Vision einer Zwei-Klassen-Gesellschaft in der strengsten Form. Unten, in der Tiefe, schuften Tausende von Arbeitern an überdimensionalen Maschinen. Alles damit oben die Reichen und Schönen in Saus und Braus leben können. Schließlich versucht Arbeiterin Maria (Brigitte Helm), eine Revolte anzuzetteln. Daraufhin lässt der Stadtregent sie entführen und beauftragt den zerzausten Erfinder Rotwang, eine Roboterkopie anzufertigen, die die Arbeiter zur Vernunft bringen soll. Doch Freder (Gustav Fröhlich), verwöhnter Regentensohn in Pumphosen und Lippenstift, verliebt sich in die Aufrührerin. Wie das Leben halt so spielt.

Edle Damen und Schöngeister tummeln sich oben zum schwungvollen Dreivierteltakt. Kahl geschorene Arbeiter rödeln unten zum leidvollen Stakkato an abstrusen Maschinen. Musik hat ihren Zweck erfüllt, wenn sie scheinbar nicht mehr wahrgenommen wird – und so ist es in der Glocke. Sie ist emotionsgeladen, rückt sich dennoch nicht unnötig ins Rampenlicht. „Es ist ein bisschen wie Oper“, findet Hannah Zimmer. „Wir Musiker stehen nicht im Mittelpunkt. Es ist seltsam, wenn Zuschauer mitten im Konzert auf einmal anfangen zu lachen.“

Von wegen Lachen, hier wird richtig gelitten! Vom Schicksal gebeutelt sind die Arbeiter, nicht minder der Zuschauer. Kopfschüttelnd muss er mit ansehen, wie Freder auf der Suche nach Maria verzweifelt ins Erfinderhaus torkelt. Oh, weh! Da liegt ihr Seidenschal. Maria! Nein, die Tür fällt zu, eingeschlossen. Mein Gott, welch Unhold, dieser Rotwang!

Von Zeit zu Zeit herrscht Stille, einige Szenen des Monumentalwerks sind nämlich nicht überliefert und werden durch kurze Texte ersetzt. Knapp zweieinhalb Stunden kämpft Freder um seine Maria – ein musikalischer Marathon. Das Schöne daran ist aber die Nostalgie: Bei Erfinder Rotwang gibt es sie nämlich noch: brodelnde Pötte und kleine Elixier-Tiegelchen, die heute leider zu Hightech-Gehäusen mit tausend Schaltern verkommen sind.

spo

Samstag um 20 Uhr und am Sonntag um 11 Uhr im großen Saal der Glocke, 15 bis 29 Euro, Ermäßigung: 20 Prozent

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