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Giscard will EU ohne Türkei

Präsident des EU-Konvents warnt vor Aufnahme: Türkei sei „kein europäisches Land“

PARIS/BRÜSSEL rtr ■ Der Präsident des EU-Reformkonvents, Valéry Giscard d'Estaing, hat eindringlich vor einem EU-Beitritt der Türkei gewarnt. Dies wäre das „Ende der Europäischen Union“, sagte er der Le Monde. Die Türkei sei kein europäisches Land. „Ihre Hauptstadt liegt nicht in Europa. 95 Prozent ihrer Bevölkerung leben außerhalb Europas.“

Ein EU-Kommissionssprecher bezeichnete dies als private Meinung Giscards. Diese trifft jedoch bei vielen EU-Politikern privat auf Zustimmung. Auch FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt schloss sich Giscards Warnungen an. Es spreche viel dafür, „jetzt ein spezielles Vertragsverhältnis der EU mit der Türkei zu vereinbaren, anstelle dauernder Vertröstungen auf eine EU-Mitgliedschaft“. Exverteidigungsminister Volker Rühe (CDU) sagte der Rheinischen Post, er könne sich „keine europäische Sicherheitspolitik“ ohne Türkei vorstellen. Er riet zur Möglichkeit von Teilmitgliedschaften.

Die Äußerung Giscards kommt der EU momentan sehr ungelegen, da sie die Türkei für eine Regelung der Zypernfrage braucht. Vor Zyperns Aufnahme 2004 soll eine Lösung zur Überwindung der Teilung des Landes gefunden werden. Zudem braucht die EU die Zustimmung des Nato-Mitglieds Türkei, damit die geplante EU-Eingreiftruppe Nato-Ressourcen nutzen kann.

Frankreichs Expräsident Giscard leitet den Reformkonvent der EU, der bis zum Sommer eine EU-Verfassung ausarbeiten soll. Das letzte Wort haben dann die Regierungschefs. Die Türkei ist der einzige EU-Beitrittskandidat, mit dem die Union noch nicht über die Aufnahme verhandelt.

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