: Backstein für Helene
BDA-Studienpreis: Bremer Nachwuchs-Architekten präsentieren Unkonventionelles
Drei Anerkennungen gab’s und einen Backstein, als Ende letzter Woche zum 12. Mal der Bremer Studienpreis des Bundes Deutscher Architekten (BDA) vergeben wurde. Prämiert werden jährlich die besten Diplomarbeiten und Semesterentwürfe der hiesigen Hochschule. Der großformatige Backstein, im Holzschuber und mit BDA-Stempel, ist die Trophäe für den allerbesten Nachwuchsentwurf.
Das gewichtige Symbol erscheint heute wie ein Relikt aus der Gründerzeit des Preises, als Bremens Architekten glaubten, der gebrannte Stein verkörpere in besonderem Maß lokale Bautradition. Inzwischen wird bekanntlich Stahl und Glas bevorzugt. Das zeigen auch die 27 eingereichten Arbeiten, die im hinteren Erdgeschossbereich des StadtplanungsCenters im ehemaligen Siemenshochhaus zu sehen sind.
Zumindest der Ausstellungsort bedeutet einen Rückschritt: Mit dem Umzug der Planungsamtes steht der schöne Lichthof in der Langenstraße nicht mehr zur Verfügung. Die neue Fläche ist für den Zweck schlecht geschnitten und zu klein – die Modelle rückten bedenklich nah an die Salzstangen und Käsewürfel des Büfetts.
Positiv ist: Die Mehrzahl der Beiträge befasst sich mit bremischen Themen. Die eher unkonventionellen Ansätze bieten Laien wie Fachleuten reichlich Stoff für städtebauliche Debatten. So demonstriert Thorsten Böhlkens Entwurf für einen neuen repräsentativen Empfangsraum der Hochschule Bremen ein besonderes städtebauliches Manko der Gebäudegruppe: Obwohl am Neustadtswall gelegen, öffnet sich der Komplex bislang in keiner Weise zum attraktiven Grünraum der Wallanlagen.
Auch der Gewinner des Backsteins, Sven Lux, befasst sich mit einem städtebaulich kniffligen Fall, mit der berühmtesten geheimen Sackgasse Bremens, der Helenenstraße. Lux plädiert für eine Überwindung der Monofunktionalität dieses Ortes und für eine Öffnung zum Viertel.
Nicht prämiert, aber auf ähnliche Weise anregend ist die Arbeit von Marco Schemien und Gabriel Benninghaus. Sie spielen das Szenario durch „Was wäre, wenn die Kunsthochschule nicht in den Speicher XI, sondern nach Tenever zöge?“. Die beiden schlagen vor, dem Block 407 die Kunstschule als Sockelbau unterzuschieben und die oben rausragenden Hochhäuser für studentisches Wohnen zu nutzen: Ein College der anderen Art mitten im Problemgebiet. Ein interessantes Gedankenexperiment, das gut zur Geschichte des Gebäudekomplexes passt.
Die Architektin Nina Kessler hatte nämlich die neue Anlage Anfang der siebziger Jahre vor allem auf die Wohnbedürfnisse von alleinerziehenden Müttern zugeschnitten, als „Vorstufe zu einem echten Servicehaus“, so hieß es damals: Läden, Praxen, Kita waren in den Komplex integriert. Das Experiment sorgte bundesweit für Aufsehen, wurde aber bekanntlich wie das gesamte Demonstrativbauvorhaben Tenever nie richtig angenommen. Nun soll der so genannte Kessler-Block abgerissen werden, und nur wenige verträumte Utopisten sagen beim Abschied leise: „Servus Servicehaus“.
Eberhard Syring
Die Ausstellung ist noch bis zum 14. 11. während der normalen Bürozeiten zu sehen
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