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Die Enden der Parabel

Ein Erlebnisbericht über die turbulenten Dreharbeiten zu „Prüfstand 7“ (22.55 Uhr, 3sat)

Neben dem von Thomas Pynchons Pennemünde-Roman „Gravity’s Rainbow“ inspirierten Journalisten, der ich ebenso wie der Regisseur bin, sollte ich an einer Stelle auch noch einen amerikanischen Offizier spielen.

Es handelte sich dabei um eine Partyszene – auf dem Orginalschauplatz: „Truman-Villa“ in Potsdam-Babelsberg, wo die vier Besatzungsmächte den Sieg feiern. Die Villa liegt am See, und dort will Pynchons Romanheld Slothrop – als „Rocketman“ verkleidet – einen dicken Klumpen Haschisch im Garten der Villa ausgraben. Dabei sieht ihn die Hauptdarstellerin, die die Party verlasst hat und auf die Veranda getreten ist. Einer der amerikanischen Offiziere – ich – ist ihr jedoch gefolgt. Da aber die amerikanische Uniform 5.000 Mark kosten sollte, hatte sich der Produzent auf die Schnelle für eine russische Uniform entschieden: für eine weiße, wie sie Stalin immer gern getragen hat. Mit und von dieser Uniform angetan, folgte ich also der Dame auf die Veranda, was später rausgeschnitten wurde, so dass man leider nur noch sieht, wie ich aus einem alten Beute-Mercedes steige und die Empfangstreppe hinaufgehe, wo mich die Gastgeberin begrüßt. Sie besaß einen Hund, und dieser spielte ebenfalls mit – auf der Empfangstreppe.

Er machte das hervorragend: Während wir – Menschen – mehrmals die Treppe raufgehen und uns begrüßen mussten, klappte es bei ihm – dem Hund – auf Anhieb. Während dieser ganzen Drehnacht in, neben und hinter der Truman-Villa, die gerade von der Friedrich-Naumann-Stiftung der FDP gekauft und sauteuer renoviert worden war, weswegen dort dann auch ein Aufpasser von der Stiftung die Dreharbeiten verfolgte, hielten immer wieder Autos mit jungen Leuten vor der Villa, sie guckten kurz – und brausten wieder davon. Es schien sich an ihrem nächtlichen Tankstellentreff herumzusprechen, dass da lauter fancy angezogene Menschen laufend aus chauffeurgesteuerten Oldtimern steigen würden, um eine wilde, bewaffnete Russenparty zu feiern.

Die neugierigen jungen Menschen, die vor der Villa hielten, wurden immer mehr und sahen immer neonazistischer aus. Aber wir dachten uns nichts Böses dabei und hofften bloß auf ein Ende des nächtlichen Drehs, der sich endlos hinzog, weil es angeblich unten am See noch Probleme mit dem Schiff und einem Jeep gab – was dann nachher ebenfalls rausgeschnitten wurde. Erst um drei Uhr konnten wir nach Hause. Später erfuhren wir, dass jemand ein paar Stunden später die Truman-Villa angezündet hatte. Sie war bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Nun ist sie aber schon wieder rekonstruiert – und zwar schöner denn je. Am Potsdamer Badesee erfuhr ich im Sommer, dass die Brandstiftung inzwischen zu den Großtaten der rechten Potsdamer Politszene zählt und Vorbildfunktion hat: Man will dort mit allen Villen der Westalliierten so verfahren. Das steht aber alles schon in Pynchons V2-Roman: „Die Enden der Parabel – se touchent.“ HELMUT HÖGE

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