: Zwei Minister auf Entgiftungskur
Peter Struck darf endlich mit Donald Rumsfeld reden. Hoch erfreut bezeichnet der Gast aus Berlin den deutsch-amerikanischen Streit als „Schnee von gestern“. Auch Schröder telefoniert wieder mit Bush. Aber was meinte Rumsfeld bloß mit „unpoisened“?
von RALPH BOLLMANN
Hört sich so Entspannung an? „Unpoisened“ seien die Beziehungen zur deutschen Regierung, erklärte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld nach der 60-minütigen Audienz für seinen Berliner Kollegen. Peter Struck deutete sogar das Bild vom Tauwetter an, das bislang dem Ost-West-Verhältnis im Kalten Krieg vorbehalten war: Der deutsch-amerikanische Streit sei „Schnee von gestern“, ließ der Verteidigungsminister wissen.
Eines immerhin hat Struck mit seinem Kurztrip nach Washington am Freitag erreicht: Auf dem Nato-Gipfel, der am Donnerstag nächster Woche in Prag stattfindet, werden sich die hässlichen Szenen vom September nicht wiederholen. Damals, einen Tag nach der Bundestagswahl, wurde Struck auf einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Warschau von Rumsfeld geschnitten. Wo auch immer der Deutsche auftauchte, war der Amerikaner plötzlich verschwunden. Gerade noch rechtzeitig kommt die neue Gesprächsbereitschaft auch in Hinblick auf den 1. Januar – den Termin, an dem Deutschland für zwei Jahre Mitglied des UN-Sicherheitsrats wird.
Kurz vor dem Plausch der Minister hatten auch die beiden Chefs erstmals wieder miteinander telefoniert. Kaum hatte der Sicherheitsrat nach wochenlangem Tauziehen die Resolution zur Irakkrise angenommen, griff Kanzler Gerhard Schröder zum Hörer und sprach zehn Minuten lang mit US-Präsident George W. Bush. Es war der erste Wortwechsel der beiden, seit Schröder im deutschen Wahlkampf die amerikanische Regierung wegen ihrer Irakpolitik scharf angegriffen hatte.
Nicht ganz einig waren sich die Nachrichtenagenturen am Wochenende in der Frage, wie das von Rumsfeld benutzte, aber in keinem Wörterbuch enthaltene Wort „unpoisened“ zu übersetzen sei. Während sich die einen für das unverfängliche „unvergiftet“ entschieden, griffen die anderen zu dem Wort „entgiftet“. Nach dieser Lesart hätte Rumsfeld erstmals offiziell bestätigt, dass die deutsch-amerikanischen Beziehungen in den vergangenen Monaten „vergiftet“ waren – ein Wort, das bislang nur Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice gebraucht hatte.
Um die Entgiftung nicht zu gefährden, wollte sich Struck nicht mehr zu der Frage äußern, ob im Falle eines Irakkrieges die deutschen Spürpanzer aus Kuwait abgezogen werden sollen oder nicht. Im Wahlkampf hatte Struck noch erklärt, die Panzer würden bei einem US-Angriff auf den Irak sofort abgezogen.
Neuer Ärger droht allerdings wegen einer weiteren Frage, die in der deutschen Innenpolitik bereits mehrfach für Wirbel sorgte: Zum Leidwesen der Amerikaner kündigte Struck an, dass die Bundesregierung wegen des Haushaltslochs nicht so viele Militär-Airbusse kaufen wird, wie vertraglich mit den Verbündeten vereinbart. Die Beschaffung werde sich am Haushalt orientieren, sagte Struck in Washington, allerdings nach Konsultationen mit den internationalen Partnern des Programms.
meinung SEITE 13
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen