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Es ist egal, wenn wir alle sterben

Von der schwungvollen Depression bis zur angemessenen Erbaulichkeit: The Cure brachten ihre Darkness-Trilogie in Berlin zur Aufführung –ein Abschiedslied desillusionierter als das andere

von HARALD PETERS

Auf ihre alten Tage sind The Cure nun also auch noch konzeptuell. Als 2000 ihr bislang letztes Album „Bloodflowers“ erschien, veröffentlichten sie nicht etwa nur ein weiteres Album, sondern beendeten die langjährige Arbeit an einer Trilogie, von der sie die meiste Zeit wahrscheinlich nicht einmal wussten, dass sie überhaupt daran arbeiteten. Zu der Trilogie zählen neben „Bloodflowers“ die Werke „Pornography“ (1982) und „Disintegration“ (1989), zwei schwere Brocken unter den Bedingungen der leichten Unterhaltung, die sich schon deshalb gut als Teile eins und zwei anboten, weil sie der schwermütigen Seite der Band in recht erheblicher Weise Rechnung tragen.

In richtiger Reihenfolge abgespielt, beginnt die so genannte Darkness Trilogy dann auch recht feierlich mit dem Titel „One Hundred Years“ und den Worten „It doesn't matter if we all die“. Und sie weiß mit dem Song „Bloodflowers“ und den Zeilen „Never fade never die / You give me flowers of love / Always fade always die / I let fall flowers of blood“ angemessen erbaulich zu enden. Ein alles in allem stimmungsvolles Werk also, das man, wenn man es denn schon einmal hat, in seiner Gesamtheit eigentlich mal zur Aufführung bringen könnte.

Das dachten sich jedenfalls The Cure, weswegen sie es am Montag und Dienstag im Berliner Tempodrom präsentierten. Natürlich war die Halle an beiden Tagen gut gefüllt, denn Cure-Fans aus ganz Europa waren angereist, um dieses seltene Spektakel zu erleben. Am Tag zuvor, hieß es, sollen sie in Hamburg noch ein Akustik-Set abgeliefert haben, mit vielen sehr, sehr traurigen Liedern, welche die Zuschauer zu regelrechten Begeisterungsstürmen hingerissen haben sollen. Wenn man dies als günstige Prognose nahm, übersah man allerdings ein kleines Problem, an dem selbst die günstigsten Umstände nichts zu ändern vermochten; dieses Problem war die Trilogie selbst.

Denn abgesehen von der Frage, ob es generell eine gute Idee ist, Alben von vorn bis hinten durchzuspielen, muss man bei diesen drei Alben sagen: Sie haben ihre Längen. Vor allem „Disintegration“ ist ein Album, das man für den Live-Vortrag problemlos auf EP-Länge zusammenkürzen könnte. „Pictures Of You“, „Love Song“ und zwei, drei andere Titel würden reichen. Doch entsprechend dem Konzept spielten The Cure die Trilogie Album für Album und Song für Song durch, mit 20 Minuten Pause zwischen den Teilen.

Und wenn es daher nur bedingt unterhaltsam war, so war es immerhin erhellend. Denn Folgendes ließ sich bei dem Konzert lernen: „Pornography“ ist auch heute noch ein feines, schwungvoll depressives Album mit vielen schönen Titeln; da sie sich hinsichtlich Sound und Dynamik allerdings so sehr ähneln, sollte man sie besser nicht hintereinander spielen, weil das augenblicklich zu Ermüdungserscheinungen führen kann. Wenn „Pornography“ ihr düsterstes Werk ist, dann ist „Bloodflowers“ wohl ihr lebensmüdestes. Ohne eine Spur des Aufbegehrens reiht sich ein Abschiedslied ans nächste, jedes davon noch desillusionierter als das davor. Dabei fiel auf, dass die lauten Stücke unter Konzertbedingungen im Gegensatz zu den leisen gewinnen. Bei den lauten Stücken fiel wiederum auf, dass man bei The Cure neuerdings offenbar die Bluesrock-Gitarre schätzt.

Was noch auffiel, war, dass The Cure nach drei komplett durchgespielten Alben noch nicht genug hatten. Während der Zugabe setzten sie dazu an, auch das „17 Seconds“-Album aufzuführen, brachen das Ganze aber nach der Hälfte ab. Was schade war, weil erstmals eine ausgelassene Stimmung aufkam.

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