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Mit ihrer „Nullemissionsfabrik“ produziert die Braunschweiger Firma Solvis klimaneutral
von BERNWARD JANZING
Braunschweig schlägt Johannesburg um Längen. Genauer: die Firma Solvis in Braunschweig. Just als im August die internationale Staatengemeinschaft in Südafrika zum Klimagipfel zusammenkam, um das ewige Kleinklein des Klimaschutzes fortzuschreiben, machte Solvis Nägel mit Köpfen – und weihte eine „Nullemissionsfabrik“ ein. Da ging es nicht mehr darum, ob man nun den Ausstoß von Klimagiften um fünf oder aber um sieben Prozent reduzieren wird. Man reduzierte auf null.
„Ein ehrgeiziges Ziel“, wusste dann auch Bundesumweltminister Jürgen Trittin vor tausend Besuchern zur Einweihung zu würdigen. „Sie haben den Beweis erbracht, dass man ein Betriebs- und Firmengebäude errichten kann, das zu hundert Prozent regenerativ versorgt wird“, rief er den neunzig Mitarbeitern des Unternehmens zu. Dafür erhält Solvis nun den europäischen Solarpreis.
Die Firma zählt bundesweit zu den namhaften der Solarbranche. Bereits 1982 begann Ingenieur Helmut Jäger handwerkliche Einzellösungen für solarbegeisterte Hausbesitzer zu entwickeln. Wenige Jahre später folgten die ersten Anlagen für kommunale Schwimmbäder, dann wurde 1988 die Solvis GmbH gegründet. Und noch im selben Jahr präsentierte die Firma auf der Hannovermesse den ersten Solvissolarkollektor – zu einer Zeit, als Anlagen dieser Machart auf den Dächern der Republik noch Seltenheitswert hatten. Heute ist aus dem Handwerksbetrieb ein florierendes Solarunternehmen geworden, das bereits 25.000 Solaranlagen verkauft hat. Und seit 2001 hat die Firma auch Solarstrommodule im Sortiment.
Bis zu 150 Mitarbeiter sollen künftig in dem neuen Firmengebäude auf mehr als siebentausend Quadratmetern klimaneutral produzieren. Das setzt natürlich ein intelligentes Baukonzept voraus. Der Heizenergiebedarf wurde durch Dämmung und Wärmerückgewinnung aus der Abluft um achtzig Prozent gesenkt. Die Be- und Entladezone wurde ins Innere des Gebäudes verlegt; so stehen die großen Tore nicht immer offen. Auch der Strombedarf wurde auf die Hälfte reduziert.
Der verbleibende Bedarf wird von der Sonne gedeckt, sowohl direkt wie auch aus Biomasse. 250 Quadratmeter Kollektoren liefern Wärme für die Hallen. Sechshundert Quadratmeter Solarzellen erzeugen Strom. Für den Rest sorgt ein Rapsölblockheizkraftwerk. Auch dieses nutzt auf Umwegen natürlich Sonnenenergie – jene nämlich, die in der Biomasse gespeichert ist. So verbrennt das Pflanzenöl klimaneutral: Zwar wird Kohlendioxid frei, doch dieses hat die Pflanze in ihrer Wachstumsphase bereits der Atmosphäre entzogen. Der Kreislauf ist damit geschlossen, die Klimabilanz neutral.
Solvis ist zwar nicht die erste Firma, die in einer Nullemissionsfabrik produziert, aber nach eigenem Bekunden die derzeit größte ihrer Art in Europa. Ebenfalls klimaneutral produziert die Solarfabrik in Freiburg ihre Solarmodule. Und auch die Firma Wasserkraft Volk im badischen Bleibach baut Wasserturbinen alleine mit erneuerbaren Energien.
Bei Solvis ging es zudem nicht nur um clevere Bautechnik. Es stimmt auch das Drumherum: Weil die Planer nicht nur den direkten Energieverbrauch der Firma im Blick hatten, geben sie auch den Mitarbeitern des Unternehmens die Möglichkeiten, klimaneutral zur Arbeit zu kommen: Wer mit dem Fahrrad ins Werk kommt, findet dort Abstellanlagen, in denen das Radl sicher verstaut werden kann – und den Fahrern stehen anschließend Duschen zur Verfügung.
BERNWARD JANZING, 37, lebt als freier Journalist in Freiburg
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