: Noch lang kein Wrack
Theaterschiff am Mäuseturm feiert zehnten Geburtstag: Mit der Premiere von „Meine Schwester in diesem Haus“
Klein, wie es mit seinen knapp 70 Plätzen ist, wacklig, wie es auf dem Wasser liegt, und trotz meist spannenden Programms relativ unbekannt geblieben, feiert das Theaterschiff am Mäuseturm allen Widrigkeiten zum Trotz seinen zehnten Geburtstag: im Binnenhafen, am Ende der Deichstraße, gegenüber der Kehrwiederspitze.
Einer spontanen Laune folgend, hatten sich Theaterkapitän Jürgen Hübner und seine Frau Margret Lehmann 1991 entschlossen, eine eigene Bühne aufzumachen, ausgerüstet mit einer Fülle Theatererfahrungen aus dem Kellertheater und kaufmännischem Know-how. Ein Jahr Arbeit auch vieler Freunde schluckte der wohl 90 Jahre alte Kahn, der damals eher ans Abwracken denken ließ. Inzwischen entstanden dort fast 40 Produktionen, die meisten davon gelungene Hamburger Erstaufführungen (Ken Campbell, Joyce C. Oates, Susanne Schneider, Kerstin Specht, Esther Vilar u. a.) mit wechselnden Schauspielern und Regisseuren aus der freien Szene: gerne derbe Satiren in volkstheaterhaftem Stil oder Krimis. „Ohne dabei dem Steuerzahler auf der Tasche zu liegen“, wie Hübner mit einem Anflug von Stolz betont.
Auch Psychodramen standen immer wieder auf dem Spielplan, so auch jetzt: Meine Schwester in diesem Haus von Wendy Kesselmann – selbstredend als deutsche Erstaufführung. Die Chronologie eines Verbrechens gewann in den USA mehrere Preise; die historische Tat inspirierte Jean Genet und Claude Chabrol. Zwei Schwestern leiden unter ihrer sadistischen Dienstherrin und unter deren Tochter – bis sie sich zur Wehr setzen. Jürgen Hübner, der wie bei der ersten Premiere am 15. November 1992 Regie führt, bezeichnet es als „ein packendes Drama über Geschwisterliebe und gleichgeschlechtliche Liebe, über Macht und Abhängigkeit unter Frauen“.
Oliver Törner
Sa + 20., 22., 23.11., 20 Uhr, Hohe Brücke 2, Tel.: 789 83 73
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen