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Vom Kellner zum Terroristenjäger

Asiatische Touristenzentren demonstrieren Einheit im Kampf gegen den Terrorismus. Tourismus- und Sicherheitsexperten aus 19 Ländern der Asien-Pazifik-Region trafen sich in Manila, um einen gemeinsamen Aktionsplan zu erarbeiten

Die Terrorismus-gefahr ist in Asien nicht größer als anderswoReisewarnungen vergrößern die Zerstörungskraft von Terroranschlägen

von CLAUDIA BLUME

Die Auswirkung des Bombenanschlags von Bali auf die Tourismusindustrie der indonesischen Insel ist katastrophal: Die Bettenbelegung ist in den ersten Wochen nach der Tragödie von 73 Prozent auf 10 Prozent gefallen. Auch andere Länder der Region befürchten nun, dass Touristen aus Angst vor Terroranschlägen Reisen nach Südostasien vermeiden könnten. Ende vergangener Woche trafen sich Tourismus- und Sicherheitsexperten aus 19 Ländern des Asien-Pazifik-Raums in Manila, um einen gemeinsamen Aktionsplan gegen Terrorismus und für die Stärkung der Tourismusindustrie in der Region zu beschließen.

Vor allem die Asean-Länder wollten mit dem kurzfristig einberufenen Treffen ihre Einigkeit und Entschlusskraft im Kampf gegen den Terrorismus demonstrieren: Agieren statt Reagieren war die Devise. Initiatoren der Konferenz waren die Welt-Tourismusorganisation (WTO) und die philippinische Regierung, die ein besonderes Interesse an dem Thema hat. Auch auf den Philippinen hatte es im Oktober eine Reihe von tödlichen Bombenattentaten gegeben, die vermutlich auf das Konto islamischer Extremisten gehen. Schon vorher hatte das Land nach spektakulären Touristenentführungen durch die muslimische Abu-Sayyaf-Gruppe unter erheblichen Image-Verlusten gelitten.

Einer der Hauptkritikpunkte der Konferenz waren die jüngsten Reisehinweise einiger westlicher Regierungen, die zum Teil ganz Südostasien als gefährliches Reiseziel einstufen und vor weiteren Anschlägen in der Region warnen. Die Teilnehmer zeigten sich überzeugt, dass die Terrorismusgefahr in Asien nicht größer sei als in anderen Teilen der Welt. Terrorismus sei heute ein globales Problem, absolut sichere Gegenden gebe es nicht mehr. Die Reisewarnungen seien unfair, zumal die Bemühungen asiatischer Länder im Kampf gegen den Terrorismus nicht gewürdigt würden. „Reisewarnungen vergrößern die Zerstörungskraft von Terroranschlägen noch mehr. Viele zeichnen kein akkurates Bild der Realität“, kritisierte Blas Ople, der philippinische Außenminister. „Solche Warnungen gibt es für europäische Länder nicht“, fügte der philippinische Tourismusminister Richard Gordon hinzu, „obwohl dort in der Vergangenheit auch zahlreiche Menschen durch Terrorakte ums Leben gekommen sind.“

Dawis de Villers, Vizegeneralsekretär der WTO, stimmte zu, dass Reiseempfehlungen vorsichtiger formuliert und regelmäßig erneuert werden müssen. Er glaubt jedoch, dass Medienberichte weitaus schädlicher für die Tourismusindustrie sind. „Viele Touristen wissen nicht einmal, dass es offizielle Reisewarnungen gibt. Sie werden in erster Linie von den Nachrichten beeinflusst, vom Fernsehen, von Fotos und Zeitungsberichten.“

In einer Resolution verpflichteten sich die Teilnehmer, die Sicherheitsmaßnahmen in ihren Ländern zu verbessern – auf nationaler Ebene ebenso wie auf lokaler. Auch private Unternehmen und Angestellte im Tourismusgewerbe – Kellner, Hotelangestellte, Taxifahrer beispielsweise – sollen in den Kampf gegen den Terrorismus miteinbezogen werden. Außerdem soll der regionale Informationsaustausch im Sicherheitsbereich intensiviert werden. Und, so der allgemeine Konsens, es müsse verstärkt die Armut in der Region bekämpft werden um dem Terrorismus den Nährboden zu entziehen.

Francis Taylor, Leiter der Antiterrorismusabteilung des US-Außenministeriums, äußerte am Rand der Konferenz Zweifel am Gelingen des Aktionsplans. Trotz genuiner Entschlossenheit verfüge die Region noch nicht über die Mittel, effektiv gegen Terroristen vorzugehen.

Noch ist es zu früh zu sagen, ob und wie sich der Anschlag von Bali tatsächlich auf den Tourismus in der Asien-Pazifik-Region auswirken wird. Sie hatte sich gerade von der Asienkrise 1997/98 erholt. Selbst auf den Philippinen gab es im letzten halben Jahr zum ersten Mal seit vier Jahren zweistellige Zuwachsraten bei den Touristenzahlen.

Viele Asienurlauber kommen aus Ländern der Region. Vor allem die Zahl der chinesischen Touristen steigt beständig – 12 Millionen Chinesen reisten allein im vergangenen Jahr ins Ausland. Die Welttourismusorganisation ist überzeugt, dass Asien trotz der augenblicklichen Schwierigkeiten die am schnellsten wachsende Tourismusregion der Welt bleiben wird. Auch Bali, so prophezeit Dawis de Valliers von der WTO, könnte sich innerhalb von zwei Jahren wieder erholt haben – falls die indonesische Regierung ernsthafte Maßnahmen gegen radikale Elemente ergreift und die Sicherheitsmaßnahmen auf der Insel erhöht.

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