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Zähigkeit zahlt sich aus

Mit einer letzten Energieleistung biegt Lleyton Hewitt das Finale des Masters Cups der Tennisspieler gegen den Spanier Juan Carlos Ferrero noch um und verteidigt seinen Titel mit 7:5, 7:5, 2:6, 2:6, 6:4

aus Schanghai DORIS HENKEL

Zum Schluss hatte er alles – die Nummer eins, den zweiten Titel beim Masters Cup, einen Scheck über 1,4 Millionen US-Dollar, einen neuen Wagen, einen schweren Glaspokal und eine wertvolle chinesische Vase. Das ist für die Arbeit einer Woche geradezu unanständig viel, aber Lleyton Hewitt hat die Regeln nicht gemacht. Und dass ihm von all dem etwas geschenkt worden wäre, kann man wirklich nicht sagen. Fast vier Stunden rackerte und rannte er gestern im Finale gegen Juan Carlos Ferrero und gewann 7:5, 7:5, 2:6, 2:6, 6:4. Woher er die Kraft und den Mumm nahm nach einer anstrengenden Saison, ist sein Geheimnis – oder auch nicht. Denn er sagt: „Ich hasse es zu verlieren – das ist alles.“ Aufgeben gehört nicht zu seinem Programm. Das hat Roger Federer im Halbfinale erfahren, dann Ferrero. Dem blieb schließlich nichts anderes übrig, als mit traurigem Blick den Flug des letzten Balles zu verfolgen, der sich über ihn hinweg unerreichbar ins Feld senkte.

Der Spanier hockte ein paar Minuten später noch völlig bedient auf seinem Stuhl, als Hewitt schon an der Getränkebox lehnte und per Handy mit seiner Freundin Kim Clijsters telefonierte. Die hatte letzten Montag das Masters der Frauen gewonnen, und was ein echter Australier ist, der lässt sich von Frauen nicht gern was vormachen. „Kaum zu glauben, dass ich das alles schon in so jungen Jahren geschafft habe“, sagt Hewitt. „Ist ja noch nicht so lange her, dass ich mit meinen Eltern zu den Australian Open gegangen bin und Ivan Lendl auf den Trainingsplätzen dabei zugesehen habe, wie er sich quält. Den hab ich immer bewundert.“

Jetzt freut er sich darauf, die Füße hochzulegen und eine Zeitlang erst Mal gar nichts zu tun; die Matadoren schwärmen in den Urlaub aus. In den Straßen Shanghais wird es deshalb nicht leer werden – es sind ja immer noch 16 Millionen Leute da – aber die unzähligen blauen Plakate mit den Porträts der Spieler darauf werden verschwinden. Zusammengenommen hätten sie die Fläche von 10.000 Quadratmeter bedeckt; nie zuvor ist derart massiv für eine Veranstaltung geworben worden.

Mark Miles, Chef der ATP, meinte zum Abschluss, der Masters Cup 2002 sei ein fantastischer Erfolg gewesen, und falls in naher Zukunft ein großes Turnier in Asien stattfinden werde, dann sei Shanghai sicher allererste Wahl. Ein zusätzliches zu den bestehenden neun Masters-Turnieren ist nicht in Sicht, aber für den Fall, dass eines der anderen die wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllen kann, ist ein Umzug denkbar. Jene Veranstaltungen in Europa, die am meisten auf der Kippe stehen, sind die in Hamburg und Rom, beide traditionsreich und alt. Vieles ist möglich – auch, dass es statt derer irgendwann die offenen chinesischen Meisterschaften in Shanghai geben wird.

Und was die Zukunft des Masters Cups betrifft, so finden sich immer mehr Anhänger der Idee eines gemeinsamen Jahres-Abschlussturniers für Männer und Frauen. Das der Männer findet in den nächsten beiden Jahren in Houston, Texas, statt, die Frauen sind auch nach dem Zuschauerdesaster vergangene Woche für zwei weitere Jahre an Los Angeles gebunden. Für die Zeit danach, also ab 2005, ist ein Turnier für alle nach Aussage von Miles aber sehr wohl eine Überlegung wert.

Nach dem jetzigen Stand der Dinge und der Beziehungen würde davon vor allem das Paar Hewitt/Clijsters profitieren. Dann könnten sich die beiden vom Preisgeld einen großen Koffer kaufen und die Pokale gemeinsam verpacken und verschicken. Wenn es so weitergeht wie bei den letzten beiden Turnieren im Jahr 2002, dann wird im trautem Heim und in der Garage irgendwann nicht mehr viel Platz sein.

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