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Böser Scherz

Drei Tore des Ex-St. Paulianers Matthias Scherz betonieren den FC St. Pauli in der Abstiegszone. Nach der 2:3 Niederlage gegen Köln nun Vorletzter

von OKE GÖTTLICH

Der FC St. Pauli befindet sich in einer Endlosschleife. Einer sich nach der 2:3-Niederlage gegen den 1. FC Köln am Millerntor stetig wiederholenden Höllenfahrt in Richtung Regionalliga. Seit sieben Pflichtsspiele, fünf davon vor heimischen Publikum, wartet der Tabellenvorletzte der 2. Bundesliga nun auf einen Sieg.

Und so passte es denn auch, dass die AC/DC-Melodie von Hell‘s Bells vor Beginn des Spiels knapp drei Minuten vor sich hindudelte und beim Einlauf der Teams sogar ein zweites Mal angespielt werden musste. Das musikalische Intro scheint momentan eher die eigenen Spieler als die des gegnerischen Teams zu erschrecken. „Welchen Bock schießen wir heute?“, fragten Fans und hatten wohl gehofft, den Kölner Geißbock vor die Flinte zu kriegen.

Zunächst aber hatte der Kölner Thomas Cichon Jagdgelüste und zerlegte den dribbelfreudigen Nico Patschinski im Strafraum. Der Gefoulte verwandelte selbst und freute sich über seinen siebten Saisontreffer (15.). Mit der Führung im Rücken konnte der FC St. Pauli dennoch kein Spiel aufbauen, von dem gesagt werden könnte, dass es von taktischer Finesse geprägt sei. Stattdessen rückte vor allem aus der Defensive kein Spieler außer Kolinger bei Ballbesitz des Teams nach, und so konnte kein Kombinationsaufbau nach vorne stattfinden.

Defensiv ließ St. Pauli die Kölner sehr weit vorrücken und die kamen häufig unbedrängt vor den Strafraum. Vor allem die defensiven Mittelfeldspieler ließen ihre Bereitschaft vermissen, die Räume eng zu machen. Es war also zu erwarten gewesen, dass das Kölner Mittelfeld mit dem kreativen, aber langsamen Dirk Lottner den richtigen Pass platzieren konnte. Und so kam die Zeit für böse Scherze.

Der ehemalige St. Paulianer Matthias Scherz kam drei Mal vor das Tor, traf drei Mal und freute sich, „ausgerechnet hier so ein tolles Spiel abgeliefert zu haben“. Da half auch der Hinweis des Stadionsprechers nichts, dass „er alles bei uns gelernt hat“. Eine grandiose Drehung am Strafraumrand um Amadou herum und ein trockener Abschluss zum 1:1 eröffneten den Torreigen (36.). Einen Knoten in die Beine der FC St. Pauli-Abwehr drehenden Doppelpass mit Markus Kurth (52.) und ein Übersprinten von Cory Gibbs (59.) führten zum zwischenzeitlich verdienten 1:3 der neuen Tabellenführer vom Rhein. „Traurig, bitter, ganz beschissen“, schimpfte Nico Patschinski, obwohl mit dem Anschlusstreffer zum 2:3 durch Alex Meier (73.) erstmals seit fünf Spielen mehr als ein Tor bejubelt werden konnte.

So konnten die 19.000 Fans zwar mal wieder ordentlich jubeln, obwohl sie sich wie Patschinski wohl „lieber über Punkte als über Tore“ gefreut hätten.

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