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„Babel“ dicht

Die Zeitung von Saddam Husseins Sohn wird für einen Monat geschlossen. Sie hatte arabische Regime kritisiert

KAIRO taz ■ Wenn der Vater das Land regiert und der Sohn die meistgelesene und einflussreichste Zeitung besitzt, kann es schon einmal zu kleineren Familienzwisten kommen. Saddam Hussein hat jetzt die irakische Tageszeitung Babel für einen Monat schließen lassen, und die gehört niemand Geringerem als seinem Sprössling Udai.

Kein offizieller Grund wurde für die vorläufige Schließung angegeben. Angeblich, heißt es aber, soll die Zeitung zu kritisch über andere arabische Regime berichtet haben. Erst vor kurzem erschien dort ein Artikel über die jordanischen Razzien gegen militante Islamisten unter dem Titel „Der jordanische Tyrann wütet“. Zuvor wurde über den ägyptischen Präsidenten „Mubarak und seine Clique“ geschrieben.

Beim letzten arabischen Gipfel im März in Beirut hatte die irakische Regierung versprochen, in Zukunft in ihren staatlich gelenkten Medien Angriffe gegen andere arabische Regime und ganz besonders gegen die kuwaitische Emir- und die saudische Monarchenfamilie zu unterlassen. Saddam versucht mit dieser Gut-Wetter-Politik angesichts eines möglichen bevorstehenden Krieges die arabischen Bruderstaaten nicht mehr vor den Kopf zu stoßen. Da passen die kritischen Artikel gegen die Nachbarstaaten aus Udais Zeitung nicht ins Versöhnungsbild.

Dass Saddam seinen älteren Sohn Udai nicht ganz über den Weg traut, hat er übrigens bewiesen, als er seinen jüngeren Sohn Qusay, den Chef des internen Sicherheitsapparates, zu seinem potenziellen Nachfolger bestimmte.

Da haben die USA natürlich ganz andere Pläne für die Post-Saddam-Ära. In den letzten Monaten war immer wieder der ehemalige Stabschef und inzwischen im dänischen Exil lebende General Nisar al-Chasraji als möglicher Nachfolger gehandelt worden. Er ist ein wichtiges Mitglied einer Gruppe ehemaliger irakischer Militärs, die sich inzwischen der Opposition gegen Saddam angeschlossen haben. Mehrmals hat der 64-Jährige gegenüber Medien seine Bereitschaft erklärt, einen Militärcoup gegen Saddam anzuführen. Al-Chasraji wird nachgesagt, dass er noch einige Gefolgsleute in der heutigen irakischen Armee hat. Peinlich ist nur, dass der potenzielle „irakische Karsai“ seit dieser Woche in Dänemark als „Kriegsverbrecher“ unter Anklage steht. Ihm wird vorgeworfen, bei der berüchtigten „Operation Anfal“ Ende der 80er-Jahre den Befehl zum Einsatz chemischer Waffen gegen Kurden gegeben zu haben. Die in den USA ansässige internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch erklärte gestern, dass sich die USA ihre Alliierten in der irakischen Opposition gefälligst besser aussuchen sollten. „Der irakischen Opposition anzugehören darf für Massenmörder keine Karte sein, um dem Gefängnis zu entkommen“, sagte der Chef der Organisation, Hani Megalli, dazu in New York. KARIM EL-GAWHARY

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