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Ehevertrag ungültig

Eheverträge können dann unwirksam sein, wenn einer der Partner in einer schlechteren Verhandlungsposition ist

Allein erziehende Mütter waren 1976 noch keine Selbstverständlichkeit. Vielmehr setzten junge Frauen, die schwanger waren, oft alles daran, den Kindsvater auch zu ehelichen. Eine werdende Mutter ging dabei sogar so weit, einen Ehevertrag zu unterzeichnen, der nicht nur zu ihren eigenen, sondern auch zu Ungunsten des Kindes gestaltet war. Nur so war jedoch der Vater zur Eheschließung zu überreden.

Die Eheleute verzichteten im Vertrag auf gegenseitige Unterhaltsansprüche. Für das Kind sollte der Vater 150 Mark monatlichen Unterhalt zahlen. Die Ehefrau stellte den Mann außerdem von weitergehenden Unterhaltsansprüchen des Kindes gegen die Eltern frei. Die Ehe wurde später geschieden. Als der Sohn 1990 seinen Vater auf Kindesunterhalt in Anspruch nahm, klagte der Vater gegen die Mutter. Sie sollte ihn – vertragsgemäß – freistellen von jeglichem Unterhalt, der über die vereinbarten 150 Mark hinausging. Das Oberlandesgericht Frankfurt gab ihm in zweiter Instanz Recht.

Die Mutter legte daraufhin Verfassungsbeschwerde ein. Das Bundesverfassungsgericht hob das Urteil auf (Az. 1 BvR 12/92) und stellte fest, dass ein Ehevertrag dann unwirksam sein kann, wenn sich ein Partner in einer deutlich schlechteren Verhandlungsposition befindet und der andere den Inhalt zu seinen Gunsten bestimmt.

Eine werdende Mutter ist vor der Eheschließung in einer schlechteren Position. Darüber hinaus ist es laut Bundesverfassungsgericht unzulässig, mit dem Vertrag das Wohl des Kindes zu gefährden. Vielmehr seien Eltern verpflichtet, für einen angemessenen Lebensunterhalt des Kindes zu sorgen und dessen Betreuung sicherzustellen. KAJA

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