: „Meine Mutter hat es gern, dass ich hier lebe“
Die paar hundert Israelis in der Hauptstadt sind hartgesotten: Terroranschläge wie die gestrigen in Kenia bringen sie nicht aus der Ruhe. Denn an der Spree ist es allemal sicherer als in Israel. Aber vorsichtig muss man überall sein
Wer sich einen populären israelischen Reiseführer über Paris kauft, kann darin lesen, man solle in arabisch-muslimisch geprägten Stadtvierteln der französischen Hauptstadt besser nicht sagen, dass man aus Israel kommt: Denn das könne gefährlich werden. Der Reiseführer des gleichen Verlags über Berlin kennt eine ähnliche Warnung zur deutschen Hauptstadt nicht. Selbst im kenianischen Mombasa müssen Israelis um ihr Leben fürchten, wie seit gestern klar ist – und an der Spree ist alles sicher für die Touristen und Gäste aus dem Heiligen Land?
Zumindest scheint sich die Mehrheit der Israelis in der deutschen Hauptstadt ziemlich sicher zu fühlen. Schai Levy, ein 29-jähriger Kameramann, etwa sagt: Er fühle sich „sehr sicher“ hier – verglichen mit den Gefahren, die es in seiner Heimat gebe, wenn man nur einen Linienbus nehme: „Meine Mutter mag den Gedanken, dass ich hier lebe“, bemerkt er. Allerdings vermeide er es, etwa in einem türkischen Imbiss in Kreuzberg Hebräisch zu sprechen – nicht aus Angst, sondern um Ärger zu vermeiden.
Ähnlich verhält sich auch Nirit, 41, die für israelische Touristen Stadtführungen organisiert. Die Vorsicht sei den Israelis schon „zur zweiten Natur“ geworden, sagt sie, dass Gefahr überall lauere, wüssten ihre Landsleute schon immer. Direkt nach den Attentaten vom 11. September habe es eine „Verunsicherung“ gegeben. Die habe aber „ziemlich schnell“ wieder nachgelassen: „Israelis sind zäh.“
Igal Avidan, Korrespondent des Jerusalem Report in Berlin, erklärt: Israelis fühlten sich in der Regel sicher in der deutschen Hauptstadt, da sie selten in größeren Gruppen aufträten und kaum sofort als Israelis erkennbar seien: Typische Israeli-Treffs gebe es in der Stadt nicht – nur eine Art monatlichen Stammtisch in dem Restaurant eines Landsmanns. Die Treffen dort aber seien gerade deshalb so beliebt, weil sie nicht öffentlich verkündet würden und man deshalb („eine Besonderheit“) ganz ohne Polizeischutz oder Unsicherheit zusammen sein könne.
Immerhin: Der Versicherungsvertreter Ilan Weiss, 52, der die Treffs organisiert, weiß zu berichten, dass man schon als Kind in Israel lerne, im Ausland nicht laut Hebräisch zu sprechen. Er habe von zwei, drei israelischen Familien gehört, die ihren Verwandten in Berlin abgeraten hätten, zum anstehenden Chanukka-Fest nach Hause zu fahren – zu gefährlich. Irith Rozanski, Besitzerin eines Parfumladens, sagt, man sei „immer am Gucken“. Passieren könne immer etwas: „Was kann man dagegen tun?“ Dennoch trage sie weiter ihr kleines Davidstern-Kettchen, „ganz offen“. Und nach Israel fliege sie natürlich auch weiterhin. Die Fluglinie El Al fliegt im Winter zweimal die Woche von Berlin nach Israel – von Rückgängen will man bei der Airline nicht reden: Man setze immer noch Jumbos ein. Amit Gilat, Pressesprecher der israelischen Botschaft, sagt, jeder Israeli wisse, wie er sich zu verhalten habe: Man müsse eben „ein bisschen Aufmerksamkeit zeigen“. Aber eines sei auch klar: Die Bedrohung durch Terror betreffe mittlerweile nicht nur Israelis. Sondern jeden. PHILIPP GESSLER
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