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Ghostwriter Christi

Viele Augen blicken nach Himmelpforten: Was Kinder sich heute vom Weihnachtsmann wünschen

Manche Kinder haben wohl schon eine Vorahnung: Weil bei ihren Eltern das Geld nicht mehr so locker sitzt, so befürchten sie, könnte es in diesem Jahr deutlich weniger Weihnachtsgeschenke geben. Das Konjunkturtief wirkt sich jedenfalls auf die Wunschzettel aus, die jetzt bereits im Christkind-Postamt von Himmelpforten (Kreis Stade) eingetroffen sind.

“Die Wünsche sind materieller geworden“, sagt der 77-jährige Hermann Bardenhagen, der seit 35 Jahren im Auftrag der Post die Briefe beantwortet. Früher hätten sich die Kinder oft den Weltfrieden oder ein Ende von Hunger und Elend ersehnt. Doch längst seien eher Pokemon, Computer oder Barbie-Puppe gefragt. „Meistens sind auf dem Wunschzettel gleich entsprechende Fotos aus Katalogen aufgeklebt.“

Seit mehr als 40 Jahren gibt es das Weihnachtsmannbüro in dem 5000-Seelen-Dorf. Schon lange kann Bardenhagen, selbst ehemaliger Postler, die Briefe nicht mehr handschriftlich beantworten – er steckt eine gedruckte Standardantwort in den Rückumschlag. In diesem Jahr rechnet er mit mehr als 23.000 Schreiben aus aller Welt.

In bestimmten Fällen legt Bardenhagen jedoch Wert darauf, Briefe persönlich zu beantworten. „Einiges rührt schon an, wenn es etwa um Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Scheidung der Eltern geht. Manche Kinder haben offensichtlich niemanden, mit dem sie reden können.“

Seit Mitte November ist das Weihnachtsmannbüro geöffnet. Bardenhagen und seine Helfer freuen sich darüber, wie fest Kinder an den Weihnachtsmann glauben. Schmunzelnd lesen sie Fragen wie „Wo wohnst Du?“ oder „Bist Du mit dem Christkind verwandt?“ Egal, an wen die Kinder schreiben, ob an den Weihnachtsmann, das Christkind oder den Engel Gabriel, alle erhalten Antwort aus Himmelpforten.

“Nur sollten die Kinder nicht zu lange mit ihren Briefen warten“, rät Bardenhagen. Wer rechtzeitig vor dem Fest eine Antwort mit Weihnachtsbriefmarke und Sonderstempel in Händen haben will, muss bis zum 18. Dezember an den Weihnachtsmann, Poststraße 29, 21709 Himmelpforten geschrieben haben.

Auch im niedersächsischen Nikolausdorf (Kreis Cloppenburg) hat die „Schreibstube des Nikolaus“ wieder ihre Arbeit aufgenommen. Ehrenamtliche beantworten dort bis Weihnachten Briefe und Karten – es stapeln sich bereits mehr als 500 Kinder-Schreiben. Die teilweise üppigen Wunschlisten werden in der Regel mit Standard-Briefen beantwortet, in denen unter Hinweis auf die Armut vieler Kinder woanders in der Welt zur Mäßigung gemahnt wird. Für Kinder, die ihr Herz ausschütten und ihre Sorgen zu Papier bringen, hat jedoch auch der Nikolaus individuelle Antworten parat. dpa

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