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Ein Außenseiter steigt in den Ring

Am Sonntag wählt der FDP-Landesparteitag eine neue Chefin – oder einen Chef

DÜSSELDORF taz ■ Ob er wirklich eine Chance hat? Seine Kandidatur erinnere „schon etwas an David, der gegen Goliath antritt“, räumt Rolf Köster ein. „Vor ein paar Tagen hieß es noch, ich ‚sei‘ krasser Außenseiter, nun werde ich nur noch als Außenseiter ‚gehandelt‘ – meine Chancen werden also immer besser“, gibt sich der 50-jährige Kreisvorsitzende der Wuppertaler FDP gegenüber der taz optimistisch. Es wird spannend am Sonntag auf dem Landesparteitag der nordrhein-westfälischen Liberalen: Schafft es Köster, im Kampf um die Nachfolge Jürgen W. Möllemanns seine Gegenkandidatin Ulrike Flach aus dem Feld zu schlagen?

Es ist eine Richtungsentscheidung: Auf der einen Seite steht die politisch blasse 51-jährige Flach. Erst nach der Bundestagswahl rückte die Vizelandeschefin vorsichtig von Möllemann ab, um nicht mit dem großen Zampano in den Abgrund gezogen zu werden. Sie kann auch mit den Stimmen der immer noch zahlreichen Möllemannianer besonders in den FDP-Bezirken Münsterland und Ruhr rechnen.

Auf der anderen Seite steht ein außerhalb der FDP weitgehend Unbekannter, der für viele innerhalb der Partei eine Zumutung ist: Rolf Köster. Denn der 50-jährige Wuppertaler Bürgermeister, der sich als „Kandidat der Basis“ versteht, ist so etwas wie das personifizierte schlechte Gewissen der NRW-Liberalen. Als alle anderen – Parteichef Guido Westerwelle eingeschlossen – ihrem „Mister 18 Prozent“ noch geradezu besoffen zujubelten, sagte Köster bereits das, was manche bis heute nicht hören wollen. Es dürfe nicht sein, „dass diejenigen, die ihre Sätze damit anfangen ‚Ich bin kein Antisemit, aber …‘, Wasser auf ihre Mühlen bekommen“, kritisierte er schon im Frühjahr auf dem Landesparteitag – als Einziger. In der „Karsli-Affäre“ kurze Zeit später warf Köster Möllemann vor, er betreibe die „Haiderisierung“ der FDP. Und Anfang Juni sorgte Köster dafür, dass Möllemann nach den Ausfällen gegen Michel Friedman seinen Fallschirmabsprung über Wuppertal ausfallen lassen musste.

Der Rolling-Stones-Fan fordert von der NRW-FDP nicht weniger als einen „radikalen Neuanfang, der nicht mit falschem Pathos beschwichtigt, keine Verantwortlichkeiten verschiebt, der nicht verkleistert, versteckt, vertuscht oder täuscht“. Viel verlangt für Möllemanns einst so treu ergebenen Heimatverband. Aber vielleicht auch die einzige Chance, passt doch auf die NRW-FDP in diesen Tagen perfekt das – dort geografisch gemeinte – Motto von Kösters Wuppertaler Kreisverband: „Willkommen bei den Liberalen im Tal!“

PASCAL BEUCKER

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