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Staubsauger Jugendhilfe

Behördenkonzept zu geschlossenen Heimen: 500 bis 600 Minderjährige pro Jahr kommen in Frage. „Verbindliches“ Angebot auch für junge Prostituierte. Überprüfen dürfen das Ganze Schill und Kusch

von KAIJA KUTTER

Die geschlossene Unterbringung nimmt Form an. Der taz liegt das Konzept der Behörde für Soziales und Familie vor. Neu ist dabei: Es kommen mehrere Hundert Kinder jährlich für die Heime in Frage. Und es soll offenbar zusätzlich zur Feuerbergstraße „verbindliche“ Angebote für minderjährige Prostitutierte geben.

Nach taz-Informationen war letzteres eine Forderung der Polizei. Pikant: Sex für Geld mit Kindern unter 16 ist strafbar – für die Freier. Anstrengungen des Senats, diese effektiver zu verfolgen, gibt es aber offenbar nicht. Pädagogen warnen, dass geschlossene Heime als Drohkulisse minderjährige Prostituierte daran hindern, von alleine auszusteigen (taz berichtete). Unter „verbindlich“ ist eine Stufe der Unterbringung zu verstehen, die das „Entlaufen“ verhindert und den Ausgang reguliert.

Die nächste Stufe ist die „geschlossene Unterbringung“, wie sie für die Feuerbergstraße geplant ist. Dort schließt man die Jugendlichen bis zu sechs Monate im Wortsinne ein. Die viel zitierte Lockerung in der zweiten Phase beschränkt sich auf maximal zwei mal zwei Stunden Ausgang die Woche und auch das zunächst auch nur in Begleitung. Bei Fehlverhalten wird der Ausgang gestrichen.

Das Konzept macht außerdem erstmals die zahlenmäßige Dimension der geschlossenen Unterbringung klar: Auf Basis der Daten von 2001 geht man von 1000 polizeilichen Meldungen jährlich aus, die sich auf „500 bis 600 Minderjährige beziehen“. Das Familien-Interventions- team (FIT) zieht wie ein Staubsauger alle Fälle an sich und sortiert vor. Liegt keine „unmittelbare Kindeswohlgefährdung“ vor, sind die bezirklichen Jugendämter zuständig, wobei die Behörde prüft, wie die tätig werden. Liegt die Gefährdung vor, wird das FIT tätig, spricht mit Eltern und Lehrern einen Hilfeplan ab und leitet, „wenn es zu einer Wiederholungstat kommt“ die Heimeinweisung ein. Ob diese erfolgt, hängt von Vormündern und Familienrichtern ab.

Die Palette der Einweisungsgründe ist weit gefasst: Für eine „Kindeswohlgefährdung“ kann schon der Aufenthalt in „schwer jugendgefährdenden Szenen“ reichen, was nach Jugendschutzgesetz schon eine Kneipe sein kann. Auch häufige „weniger gewichtige Straftaten“, der „Handel mit Betäubungsmitteln“, „riskantes Verhalten“ und eben der „dauerhafte Aufenthalt im Prostitutions- und Drogenmileu“ gehören dazu. Drogenabhängige sollen therapiert werden, bevor sie ins Heim kommen. Psychisch kranke Kinder kommen in die Psychiatrie.

Für alle diese Fälle, die im Computer gespeichert werden, bleibt bis zum 18. Geburtstag der Jugendlichen das FIT zuständig. Es soll für eine „einheitliche Beurteilungspraxis“ und „Verfahrenssicherheit“ sorgen. „Evaluiert“ wird auch. Aber nicht etwa von unabhängigen Wissenschaftlern – sondern von Justizbehörde, Senatsamt und Innenbehörde.

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