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Coca-Cola versüßt Berlin

Der Limonadenmulti will Deutschland-Zentrale im kommenden Jahr von Essen nach Berlin verlegen. Sozialisten loben Exsenator Gysi, der in USA erste Kontakte zum flüssigen Großkapitalisten knüpfte

von RICHARD ROTHER

Die Deutschland-Zentrale von Coca-Cola zieht im kommenden Jahr von Essen nach Berlin. Das Geschäft mit einer der weltweit bekanntesten Marken wird damit künftig von Berlin aus organisiert, der deutsche Getränkemarkt ist der wichtigste Europas. Von dem Standortwechsel sind nach Konzernangaben rund 300 Beschäftigte in Essen betroffen. Sie sollen einen Arbeitsplatz in Berlin oder in Nordrhein-Westfalen bekommen.

In Berlin hat bereits der Hauptlizenznehmer Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG (CCE) mit rund zwei Milliarden Euro Jahresumsatz seinen Sitz. Mit der Verlagerung weiterer Coca-Cola-Unternehmen nach Berlin sollen nun alle Kräfte gebündelt und Synergieeffekte genutzt werden. Ziel ist es, nach schwierigen Jahren wieder zu wachsen. Die CCE AG hatte im Jahr 2000 knapp 97 Millionen Euro Verlust geschrieben. Deutschlandweit beschäftigt Coca-Cola rund 12.000 Menschen; in Berlin bislang rund 400.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) begrüßte den Schritt und sicherte dem Unternehmen „die volle Unterstützung des Senats“ zu. „Das ist, wenn Sie wollen, ein letzter Erfolg meines Vorgängers Gysi“, erklärte Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS). Gregor Gysi hatte bei seiner Dienstreise in die USA im vergangenen Juni Kontakte zu dem Getränkekonzern geknüpft. Dabei hatte er auch versucht, Coca-Cola als Sponsor für das Sport- und Freizeitzentrum FEZ in Köpenick zu gewinnen. Die Gespräche über den Umzug von Coca-Cola nach Berlin hätten beim Besuch Gysis begonnen, sagte Wolf. Seitdem habe es intensive Kontakte gegeben.

Dass der Umzug auf das Werben des Senats zurückzuführen ist, wird im Unternehmen selbst jedoch eher bezweifelt. „Das glaube ich nicht“, so ein Insider. Angesichts der schwierigen Marktlage und der neuen Belastungen, die im kommenden Jahr durch die Einführung des Dosenpfandes auf das Unternehmen zukommen, sei es eben sinnvoll, alle Kräfte an einem Ort zu bündeln. „Berlin kann sich freuen.“

Freude empfindet auch Konrad Werpuschinski, Sprecher der Oberfinanzdirektion Berlin. „Jeder neue Steuerzahler ist willkommen.“ Berlin profitiere in jedem Fall direkt durch höhere Einnahmen bei der Lohnsteuer – „wenn der neue Mitarbeiter nicht nach Zossen zieht“. Macht das Unternehmen Gewinn, winken zudem Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer. Hinzu kommen die indirekten Effekte: Ein neues Unternehmen vergibt möglicherweise seine Aufträge an Berliner Anbieter; die neuen Mitarbeiter geben einen Teil ihres Geldes in der Stadt aus: beides kurbelt die lokale Wirtschaft an.

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