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berliner szenen Das Surrogat-Gefühl

Armer Patrick, aber Hölle

Einige Bands, die über Nacht groß werden, verfallen gerne der Großmäuligkeit, andere werden aufgrund ihrer Großmäuligkeit groß. Bei Surrogat trifft beides zu. Laut einer Meldung des Stadtmagazins Tip soll die amerikanische Rockband The Queens Of The Stone Age die Berliner Band gar von ihrem Job als deren Einheizer entbunden haben, weil ihr das großmäulige Gehabe von Surrogat auf die Nerven ging. Macht nichts, Surrogat wollen auch weiterhin gehörig aufmischen. Ein neues Album steht an, eine neue Single gibt es bereits. Sie heißt: „Hell in Hell“. Allein dieser Songtitel lässt bereits vermuten, dass die Band wieder so richtig laut werden will und wieder so richtig mit dem Hammer klar machen will, wo der Hammer hängt.

Allein: Hier scheint ein Missverständnis vorzuliegen. Denn den Kreuzzug von Surrogat für den einzig wahren und unverbiegbaren Rock, der hier anscheinend geführt werden soll, den braucht kein Mensch mehr. War es noch einigermaßen originell, die letzte Platte schlicht „Rock“ zu nennen, wo doch selbst die Musikzeitschrift Spex eine Kolumne „Rock-Rock“ nennen muss, damit alle kapieren, dass es in Wahrheit um schlichten Rock geht, so muss jetzt die Hölle in der Hölle brennen. Aber hätte hier nicht einfach nur „Hell“ genügt? Scheinbar nicht, so heißt ja schon ein DJ, den alle gut finden. Und „Hell in Hell“ klingt ja gleich viel böser, nach Kuttenträgermucke. Nur: Wir brauchen leider gar keine Missionare mehr für Kuttenträgermucke. Kuttenträgermucke, also Rock-Rock, also Rock, also Hölle, also Hölle in Hölle, war dieses Jahr talk of the town wie sonst gar nichts. Eine Band, die nun so tut, als hätte sie davon nichts mitbekommen, kann einem schon fast ein bisschen Leid tun. ANDREAS HARTMANN

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