Vivantes braucht Infusion

Der städtische Klinikkonzern legt ein Sanierungskonzept vor, jetzt soll das Parlament einer Landesbürgschaft von 230 Millionen Euro zustimmen. Finanzsenator signalisiert Unterstützung

von SABINE AM ORDE

Der städtische Klinikkonzern Vivantes wird eine Landesbürgschaft von rund 230 Millionen Euro erhalten. Das habe Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) in der Aufsichtsratssitzung des Unternehmens signalisiert, sagte gestern der Vorsitzende der Vivantes-Geschäftsführung, Wolfgang Schäfer. In der Sitzung hatte die Geschäftsführung ein Strategiekonzept vorgelegt, das das wirtschaftliche Überleben von Vivantes sichern soll. Danach will der Klinikkonzern ab 2004 schwarze Zahlen schreiben. Langfristig soll auch der riesige Schuldenberg des Unternehmens, derzeit rund 190 Millionen Euro, getilgt werden. Ein Großteil davon sind Altschulden, die Vivantes von den zehn städtischen Kliniken, die vor knapp zwei Jahren zu dem Unternehmen zusammengeschlossen wurden, übernommen hat.

In der Finanzverwaltung wollte man sich gestern zu den Signalen Sarrazins nicht äußern. „Das wird noch geprüft“, sagte Sarrazins Sprecher Claus Guggenberger lediglich. Die Bürgschaft ist notwendig, weil Vivantes sonst von den Banken keine Kredite mehr erhält. Im Frühsommer hatte der Vermögensausschuss des Parlaments einer solchen Bürgschaft noch seine Zustimmung verweigert. Die damalige Begründung: Es gebe ein „reales Informationsdefizit“. Das will Vivantes mit seinem Konzept, das eigentlich schon im Oktober vorliegen sollte, jetzt beheben.

Danach will der Klinikkonzern weiter Personal und Betten abbauen. Von derzeit insgesamt 11.300 Vollstellen sollen bis 2006 1.700 gestrichen werden. Zudem sind über 500 Ausbildungsplätze bedroht. „Betriebsbedingte Kündigungen sind dabei ausgeschlossen“, sagte Personalgeschäftsführer Ernst-Otto Kock. In den kommenden Jahren soll die Bettenzahl in den Vivantes-Häusern von jetzt 5.800 auf 4.200 verringert werden. Die Verweildauer der Patienten soll von durchschnittlich 8,2 auf 5,1 Tage sinken.

Vivantes will keine ganzen Krankenhäuser verkaufen oder schließen. Wohl aber sollen zwei Standorte, der Mariendorfer Weg in Neukölln und die Danziger Straße in Prenzlauer Berg, aufgegeben werden. „Sie werden dann veräußert, aber nicht an die Konkurrenz“, sagte Schäfer. In Hellersdorf will Vivantes auf eigene Kosten einen Krankenhausneubau errichten. Insgesamt sind nach Ansicht der Geschäftsführung bis 2010 rund 270 Millionen Euro für Investionen erforderlich. Gut zwei Drittel davon sind Fördermittel, die aus dem Landeshaushalt kommen. Den Rest will der Klinikkonzern selbst erwirtschaften.

Bei der Opposition ist man skeptisch, ob das klappt. „Bislang hat Vivantes die Erwartungen nicht erfüllt“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Elfi Jantzen. Schließlich wollte Vivantes eigentlich bereits 2003 schwarze Zahlen schreiben. Jetzt, so Jantzen, müssten Konzept und Landesbürgschaft geprüft werden. Letztere lehnt ihr Kollege von der FDP strikt ab. „Solange privates Kapital zur Verfügung steht“, sagt Martin Matz, „gibt es keinen Grund, Steuergelder zu riskieren.“