piwik no script img

Schildkröt-Puppe Erika

Ein Geschenkefinder für die Unkreativen und Gestressten

Endlich Schluss mit der unerquicklichen Geschenkesucherei in vollgestopften, übel riechenden und mit zuckersüßem Klingklöckchenklingelingeling verpesteten Kaufhäusern. Lob und Dank sei einmal mehr dem World Wide Web, genauer gesagt: dem innovativen „Geschenke-Finder“ des „Otto“-Imperiums. Der Weg dorthin: Man starte zum Beispiel beim Hauptportal www.web.de, wähle dann, in der Ecke unten links, das „Special Weihnachten“ – ein Klick, und schon hat man den Geschenkefinder auf dem Schirm.

Hier findet der willige Konsument, aller Münteferingschen Verzichtsethik zum Trotz, „das perfekte Weihnachtsgeschenk für Oma, Onkel, Enkel, Chef“ – überhaupt für alle unsere Mitmenschen. Wir probieren das sogleich aus bei einem Kollegen, der in seiner Freizeit gerne neue Lampen im Redaktionsbüro aufhängt und einen tollen Organizer besitzt. Also in der Suchmaske „Interessen“ schnell „Elektronik & Multimedia“ angeklickt, Geschlecht (männlich) und Alter (46-55) angegeben, dazu selbstredend eine taz-typische niedrige „Preisgruppe“ (11 bis 25 Euro). Und schwuppdiwupp: Der verdiente Mann soll zu Weihnachten einen „Termin-Planer für 2003/2004 mit Solarrechner für 14,95 Euro“ bekommen. Alternativ eine „Camcordertasche mit Gurt“. Hmm, beides nicht gerade originell. Da sich derselbe Kollege auch für „Schule & Beruf“ interessiert, klicken wir nochmal neu: Als Geschenk wird jetzt ein „Leuchter in festlicher Ausführung“ (naja) oder eine „Wanderhilfe“ für 19,95 Euro vorgeschlagen, mit der „jeder Ausflug zum Erlebnis“ werden soll: Ein Rucksack, gefüllt mit fünf Spirituosen à 0,02 l, drei Dosen Bier, Baseball-Kappe und Regencape. Vielleicht doch zu prollig.

Für Frauen würde der Geschenke-Finder so etwas nie vorschlagen. Unser Beispiel: weiblich, Single zwischen 19 und 25 Jahren, Interessengebiet „Kunst und Kultur“, Kostenpunkt: bis 150 Euro. Die „Otto“-Vorschläge werden die Dame dahinschmelzen lassen: entweder die „Schildkröt-Puppe Erika“ für 139,90 Euro. Oder der „Brotbackautomat mit neun gespeicherten Programmen“ für 129,99 Euro. jox

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen