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Bremer Gefahrgut-Odyssee

Von einem der auszog, einen Kofferraum voll zweifelhaftem WG-Müll korrekt zu entsorgen

Bremen, die Öko-Stadt. Den Müll trennen sie hier in drei Sorten. Und was da nicht reingehört, gibt man einfach beim Recycling-Hof ab. Toll.

Wer schon mal einen WG-Keller ausgemistet hat, weiß solchen Komfort zu schätzen. In meiner alten WG hatten sich über fast ein Jahrzehnt Sedimentschichten der wichtigsten Haushaltschemikalien abgelagert: kannisterweise Motoröl, Salzsäure, Silberputzmittel, Aqua dest., Lacke, Farben, Terpentinersatz, Domestos, Brennspritus, Schwefelsäure und manches Unidentifizierte. Und wo ich schon mal dabei war, dachte ich, da nehm’ ich doch den Kram aus der neuen WG gleich mal mit, nicht ahnend, dass auch dort der Keller chemisch brisante Hinterlassenschaften von Leuten bergen würde, die gerade noch dem Namen nach bekannt waren.

Egal, ich hab ja ’nen Kombi. Und der war schließlich voll bis unters Dach. Also los zum Recyclinghof in der Neustadt. Mit dem Giftcocktail hinten drin immer schön langsam. Und schön langsam wieder zurück – das Auto war nämlich immer noch voll. Das Branchenbuch war wohl nicht ganz up to date. Jedenfalls war da weit und breit kein Recyclinghof.

Ich also am nächsten Tag nach Hemelingen, musste sowieso nach Hamburg, da liegt Hemelingen ja am Weg. Bis fünf haben sie da auf und ich schaff es tatsächlich fünf Minuten vor. Da kommen mir zwei freundliche Kumpels entgegen und schütteln grinsend den Kopf. „Hier nich“, sagt der eine, „da mussu innie Stadt mit. Aba heude nich meah.“ Stimmt. Und morgen auch nicht, da ist Samstag. Und ich muss ja sowieso nach Hamburg. Auf dem Weg zur Autobahn fällt mir der halbe Auspuff ab und ein reizender Hemelinger Karosseriebauer schweißt ihn schnell wieder an – für eine Spende in die Kaffeekasse. Vom Chemielager im Kofferraum hab’ ich lieber nichts gesagt. Also rauf auf die Autobahn und immer schön Abstand halten.

Am Wochenende braucht meine Schwester das Auto, um nach Kiel zu fahren. Fahr vorsichtig, sag ich, aber macht sie sowieso. Montagmorgen, auf dem Weg zurück nach Bremen, kurz auf den Recyclinghof Hamburg-Feldstraße. Um acht Uhr machen sie auf, um drei nach acht bin ich weg, mit leerem Wagen. Ob ich die Sachen noch in die einzelnen Container sortieren soll? „Nöö, lass man. Das machen wir schon.“

jank

Wer in Bremen Altöl, Brennspiritus, Farben und auch kaum zu identifizierende Chemikalien loswerden will, fährt zuden „Service Centern“ oder zu dem Schadstoffmobil. Die jeweiligen Standorte und Termine finden sich im Internet unter www.bremereb.de unter den Stichworten „Entsorgung“ und „Bremer Abfallkalender“.

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