: Und noch eine Plombe für die Friedrichstraße
Der Platz Unter den Linden Ecke Friedrichstraße, eine der letzten Freiflächen der Ost-City, wird bebaut
Sind Stadtplaner nicht ganz dicht? Doch, sie sind es. An Berlins vielleicht bekanntester Straßenecke Unter den Linden/Friedrichstraße soll bis 2006 die letzte Lücke geschlossen werden. Nach Angaben des Liegenschaftsfonds wurde das unbebaute Grundstück vor dem „Hotel unter den Linden“ an die Münchner Meag Real Estate Management GmbH verkauft, eine Tochter der Münchener Rück-Versicherung.
Ein Zurück gibt es damit nicht mehr. Zwar hatten der Bezirk Mitte und auch die PDS lange gegen die Bebauung des Platzes gekämpft. Doch in den Koalitionsverhandlungen hatte sich Klaus Wowereit höchstselbst für die Bebauung eingesetzt – und gewonnen. Im Gegenzug stellte die PDS die Pläne für den weiteren Ausbau des Spittelmarkts unter Genehmigungsvorbehalt.
Nachdem im Oktober nun auch das Bieterverfahren für das Grundstück beendet wurde, stehen mit dem Verkauf an die Meag alle Zeichen auf Bebauung. Und die soll, so ihr Sprecher Josef Wild, beginnen, nachdem ausgewählte Architekten im Rahmen eines Realisierungswettbewerbs ihre Pläne vorgestellt haben. Vorgegeben sei eine Bebauung mit sechs Palais, die sich um einen zentralen Platz in der Mitte des 6.000 Quadratmeter großen Grundstücks gruppieren. Über die Nutzung konnte Wild noch nichts sagen. Doch die im Werbeprospekt der Meag gepriesene Raumfolge von „Passagen, Lobbys und Showrooms“ wird wohl halten, was sie verspricht.
Wahrscheinlich wird man ab 2006, wenn die Gebäude mit insgesamt 36.000 Quadratmetern Nutzfläche fertig sein werden, einen Autoshowroom mehr an der Friedrichstraße bewundern können. Auch gegenüber dem ehemaligen Trompetenwäldchen am S-Bahnhof, auf dem nun das Friedrich-Carré zum Großteil leer steht, lädt inzwischen ja Opel zum Flanieren ein.
Mit dem Lindenforum, wie das neue Gebäude heißen soll, ist auch die unmittelbar nach der Wende beschlossene „Revitalisierung“ von Berlins einst berühmtester Geschäftsstraße abgeschlossen. Den Startschuss dafür hatten vor zehn Jahren die Planer Bernhard Strecker und Dieter Hoffmann-Axthelm in einem städtebaulichen Gutachten zur Friedrichstadt gegeben. Mit diesem Konzept der „kritischen Rekonstruktion“ – also der Einhaltung des barocken Straßenrasters, der Berliner Traufhöhe sowie der Blockbebauung – begann zugleich auch der Berliner Architekturstreit. Zu viel Rückwärtsgewandtheit, zu wenig Mut zu Neuem, lautete die Kritik.
Mittlerweile jedoch ist es vor allem der Nutzungsmix, der die Gemüter der Berliner beschäftigt: Autohäuser und Coffee to go. Da erscheint inzwischen sogar das Kulturkaufhaus Dussmann als ein Leuchtturm urbaner Kultur. Wie wäre es denn für das Linden-Forum mit einer Synthese dieser typisch Berliner Revitalisierung – einem Coffee to drive away? UWE RADA
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