: Oh, du wunderschöne, maue Spendenzeit
Deutsche spenden Weihnachten 2002 weniger als sonst, fürchten wohltätige Vereine. Auf Spenden-TÜV achten
BERLIN taz ■ 2,2 Milliarden Euro spendeten die Deutschen 2001 für gemeinnützige Zwecke. 25 bis 33 Prozent davon in den Wochen vor dem Jahreswechsel. Doch das Geld sitzt nicht mehr locker, und das macht sich auch in den Kassen wohltätiger Organisationen bemerkbar. Ein weiterer Grund für die klammen Kassen klingt paradox: die Spendenbereitschaft. Die Vereine fürchten, dass viele Bürger ihr jährliches Spendenbudget kurz vor Weihnachten schon ausgeschöpft haben, weil sie bereits die Opfer der Hochwasserkatastrophe unterstützt hatten.
Spendensammler haben sich mittlerweile professionalisiert. Neudeutsch heißen sie jetzt Fundraiser. Mit der Spendenbüchse stehen sie nirgendwo mehr. Vielmehr sind sie wahre Werbespezialisten für die so genannten Non-Profit-Organisationen. Der Spendenaufruf per Post – Überweisungsträger inklusive –, ein Werbestand in der Einkaufszone oder eine diskrete Broschüre: Wen berücksichtige ich in meinem Testament.
Zweifelhaft wird das Fundraising, wenn unlautere Mittel angewandt werden. Verbraucherschützer zählen hierzu: Spendenaufrufe am Telefon, eine sehr emotionale Darstellung in den Mailings oder Mitgliederwerbung durch Promoter, die nach Anzahl der eingeworbenen Unterschriften bezahlt werden.
Spender sollten auch auf Effizienz achten, rät Burkhard Wilke vom Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) in Berlin – dem „Spenden-TÜV“ für karikative Vereine: „Für Verwaltung und Werbung zusammengenommen dürfen höchsten 35 Prozent der Spenden ausgegeben werden.“ Im Schnitt kommen knapp neunzig Prozent dem eigentlichen Zweck zugute. Das DZI hat dafür ein Spendensiegel entwickelt, das der karitativen Organisation bescheinigt: Das Geld kommt an. 155 Organisationen haben das Siegel : 12 Sterne um den Schriftzug herum. Träger ist etwa terre des hommes oder Brot für die Welt.
Solch ein Siegel gibt es für Umweltorganisationen zwar noch nicht. Orientierung bietet aber das Novemberheft von Ökotest: Darin werden 19 deutsche Umweltverbände danach untersucht, wie sie mit ihren Spenden umgehen. Ergebnis: Acht von ihnen schnitten mit „gut“ oder „sehr gut“ ab, darunter die Großen wie Greenpeace und WWF-Deutschland. Vier erreichten ein „befriedigend“. „Mangelhaft“ oder „ungenügend“ waren fünf Organisationen, unter anderem die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Die hatte nämlich keine Angaben gemacht. In die schlechteste Kategorie fällt auch der mitgliederstarke BUND. Begründung der Ökotester: Er wirbt mit Promotern und gibt viel zu viel Geld für die Verwaltung aus. PHILIPP HORSTMANN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen