Währungspolitik in Argentinien: Adíos, Amazon und Co!
Argentinien schränkt den Internethandel auf ausländischen Plattformen weitgehend ein. Diese Maßnahme soll verhindern, dass der Peso weiter sinkt.
BUENOS AIRES taz | Mit Internet-Einkäufen bei ausländischen Anbietern ist es in Argentinien vorerst vorbei. Seit dieser Woche dürfen ArgentinierInnen lediglich zweimal pro Jahr bei Amazon und Co bestellen und sich nach Hause beliefern lassen – und dann auch nur Waren im Wert von insgesamt bis zu 25 US-Dollar. Wer mehr einkaufen will, muss sich als Importeur bei der Zollbehörde registrieren und die Waren bei den Zollbehörden abholen, bei denen ein Steueraufschlag von 50 Prozent des Warenwerts fällig wird. Hintergrund der Maßnahme ist die seit mehren Jahren herrschende Dollarknappheit des Staates.
Zwar heißt es offiziell, bestimmte Waren seien von der Einschränkung ausgenommen. Eine Liste der Ausnahmen gibt es aber nicht, und es ist auch nicht klar, ob und wann eine solche veröffentlicht werden soll. Die Folge: Mit der neuen Verordnung kommt der private Versandhandel aus dem Ausland praktisch komplett zum Erliegen.
Der argentinische Staat leidet seit 2011 unter einem schwindenden Bestand an internationalen Devisen. Gründe dafür sind der internationale Schuldendienst und der jährlich steigende Import vor allem von Energie. Gerade erst fielen die Dollarreserven der Zentralbank von einstmals über 50 Milliarden auf unter 30 Milliarden Dollar, dem tiefsten Stand seit 2006.
Für den Import von Kapitalgütern wie Produktionsmaschinen und Ähnlichem benötigte die Industrie immer schon mehr Devisen, als ihre Exporte einbrachten. Aber „Argentinien hatte viele Jahre zwei Exportbereiche, die Dollar ins Land brachten“, erklärt der Ökonom Dante Sica und verweist auf Rohstoffe wie Metalle, Erze oder Soja und daraus hergestellte Produkte und Energie.
Alles dreht sich um die Dollarknappheit
Seit 2009 importiert das Land aber auch mehr Öl und Gas, als es exportiert. Der jährlich steigende Bedarf muss mit immer mehr Devisen bezahlt werden. Deshalb drehe „sich im öffentlichen und privaten Sektor alles um die Dollarknappheit“, sagt Sica. „Sämtliche Entscheidungen hängen damit zusammen und davon ab.“
Für 2014 wird der Devisenbedarf für den Import von Energieträgern auf 7,5 Milliarden Dollar geschätzt. Hinzu kommt der Schuldendienst, den das hochverschuldete Argentinien leisten muss. Für das laufende Jahr wird er auf rund 6 Milliarden Dollar veranschlagt.
Das Misstrauen gegen die eigene Währung ist jedem Mittelschichts- und Oberschichtsargentinier in die Wiege gelegt. Dagegen ist der Glaube an den Greenback ungebrochen. Wer Pesos hat und sie gerade nicht braucht, tauschte sie in US-Dollar ein – auch um der Inflation zu entgehen, die jährliche Raten von 20 bis 30 Prozent erreicht hat. Keine Überraschung ist es also, dass die argentinische Regierung seit dem Jahr 2011 versucht, auch den privaten Handel und Besitz von Dollar und Euro einzuschränken.
Schon lange muss jeder Devisenkauf zum offiziellen Umtauschkurs vom Finanzamt genehmigt werden. Auch für Auslandsreisen muss der Kauf von Dollar oder Euro beantragt und bewilligt werden. Alle Zahlungen mit der Kreditkarte im Ausland sind mit einem Extrasteueraufschlag von 35 Prozent belegt. Als eine Konsequenz hat sich der Parallelhandel mit Devisen ausgeweitet.
Dabei haben sich als wichtigste Kurse durchgesetzt: erstens der offizielle Umtauschkurs vom 6,90 Pesos für einen Dollar, zu dem aber fast niemand tauschen kann. Zweitens der Kurs beim Kreditkartenkauf, der wegen eines 35-prozentigen Steueraufschlag 9,31 Pesos für einen Dollar beträgt. Und drittens der Schwarzmarkt, auf dem man für einen Dollar 11,80 Pesos hinlegen muss.
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