Argentinien verliert vor US-Gericht: Erneut droht ein Staatsbankrott
Argentiniens Regierung muss zwei Hedgefonds etwa 1,5 Milliarden Dollar zahlen. Jetzt könnten Finanzinvestoren das Land in die Pleite treiben.
BUENOS AIRES taz | Argentinien droht nach einer Gerichtsentscheidung zugunsten zweier Hedgefonds erneut der Staatsbankrott. Im Rechtsstreit um die Pleite des Landes vor rund zwölf Jahren scheiterte Argentinien am Montag am Obersten Gerichtshof der USA mit einem Berufungsantrag. Damit haben Urteile niederer Instanzen Bestand, nach denen die Regierung in Buenos Aires alle Gläubiger gleich behandeln und zwei Hedgefonds etwa 1,5 Milliarden Dollar überweisen muss. Die beiden Finanzinvestoren hatten sich nicht an den Schuldenschnitten 2005 und 2010 beteiligt und verlangen die vollständige Rückzahlung ihrer Anleihen.
Falls Argentinien dem nachkommt, könnten andere Gläubiger bis zu 15 Milliarden Dollar fordern, stellte Präsidentin Cristina Kirchner klar. Die Zentralbank des Landes hat aber nur noch knapp doppelt so viel Dollarreserven. „Kein Staatsoberhaupt kann sich der Erpressung seines Landes beugen“, sagte Kirchner weiter. Ihre Äußerungen lassen nur einen Schluss zu: Argentinien wird nicht zahlen.
Die Auseinandersetzung wird weltweit mit Argusaugen verfolgt, denn sie könnte Konsequenzen für künftige Staatsbankrotte haben – beispielsweise im Euroraum. „Das schafft für alle Gläubiger einen starken Anreiz, sich künftig nicht mehr an freiwilligen Umschuldungen von zahlungsunfähigen Staaten zu beteiligen“, kommentiert Jürgen Kaiser von der deutschen Nichtregierungsorganisation erlassjahr.de.
Alle von Argentinien eingegangenen Zahlungsverpflichtungen nach dem Jahr 2005 würden eingehalten, sagte Präsidentin Kirchner weiter. Die Ende Juni fälligen 900 Millionen Dollar würden ausgezahlt. Offen ließ sie jedoch, wie dies geschehen soll, wenn Argentinien nicht den US-Urteilen Folge leistet. Denn der Zahlungsverkehr wird über New Yorker Banken abgewickelt, auf die die Justiz der USA Zugriff hätte.
Weltweite Pfädungen drohen
Argentinien hatte sich Anfang 2002 für zahlungsunfähig erklärt und die Bedienung seiner Auslandschulden eingestellt. 2003 begann die Regierung unter dem damaligen Präsidenten Néstor Kirchner, mit den Gläubigern über eine Umschuldung zu verhandeln.
Mit dem Angebot, den Schuldendienst wieder aufzunehmen, wenn die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten, wurden 2005 und 2010 zwei Umstrukturierungsprogramme aufgelegt. Daran beteiligten sich die Inhaber von 92 Prozent der Forderungen. 8 Prozent lehnten das Angebot ab. Ab 2008 kauften Hedgefonds argentinische Schuldentitel auf dem Sekundärmarkt weit unter dem Nominalwert und begannen, vor US-Gerichten erfolgreich die vollständige Bedienung der Titel einzuklagen.
Noch ist Argentinien durch zwei einstweilige Verfügungen geschützt, doch die Hedgefonds haben bereits deren Aufhebung beantragt. Sollte dies geschehen, drohen weltweit Pfändungen von argentinischem Staatsbesitz, wie die Maschinen der Fluggesellschaft Aerolineas Argentinas. Dass dies keine leere Drohung ist, zeigte sich zuletzt 2012. Damals wurde das Schulschiff der argentinischen Marine im Hafen von Accra in Ghana an die Kette gelegt und konnte erst nach heftigem Gerangel wieder auslaufen.
Leser*innenkommentare
Maulauf
würden solche merkwürdigen Unternehmen eigentlich auch privat investieren? Ich kann meine Schuldentitel nicht mehr bedienen und brauche dringend Leute mit frischer Kohle, die bereit sind zu investieren, die natürlich auch hinterher, wenn alles gut gelaufen ist, mindestens 30% drauf kriegen. Und ich garantiere (so macht man das doch?) dass es noch vor meinem Tod passieren wird. Es lebe der Kapitalismus!!
Tobias Weiss
Für Privatpersonen gibt es die Privatinsolvenz.
Da bleibt der böse Kapitalist dann auf seinen Forderungen sitzen.
conny loggo
Hier kann man den Bogen schlagen zu TTIP. Und Verhandlungen gegen Staaten sind dann sogar noch geheim.
Bankster und Finanzmarktspekulanten und Konzerne bekommen durch die Hintertür.den Status von Göttern. Denn alle Menschen dieser Welt sind diesen Raffkes ausgeliefert. Geldvermehrung ohne Risiko. Have Fun. Wer sich Geld für Null Prozent besorgen kann lebt seit einiger Zeit nur noch mit Dauergrinsen auf den Lippen
shumil
" ... kauften Hedgefonds argentinische Schuldentitel [...]
WEIT UNTER DEM NOMINALWERT
und begannen, vor US-Gerichten erfolgreich die
VOLLSTÄNDIGE BEDIENUNG
der Titel einzuklagen. "
SO geht das Spiel - und das kann JEDEM Staat passieren, der aussteigen will, demnächst europäischen Südländern und dann auch irgendwann Deutschland! - Die Macht des Kapitals.
Sascha
Wozu sollen Staaten eigentlich noch Risikozinsen für Staatsanleihen bezahlen, wenn es gar kein Risiko gibt? Das ist doch dann ein Betrug.
friedjoch
"Ab 2008 kauften Hedgefonds ... und begannen, vor US-Gerichten erfolgreich die vollständige Bedienung der Titel einzuklagen. "
Für die Freiheit!
Dieter
@friedjoch Die Aktion der Hedge Fonds ist korrekt.,Argentinien hat noch nie seine S chulden bezahlt. Hugo Chavez hat vor ein para Jahren eine Schuld Arg. bezahlt mit Geld, das er vorher dem venezuelanischen Volk entwendet hatte.
friedjoch
@Dieter Ja klar, auf Schulden anderer spekulieren ist ehrlich verdientes Geld. Rendite fällt halt nich vom Himmel. Solln die Argentinier sehn wie se klarkommen mit ihrem Staatsbankrott!
Arne Babenhauserheide
@friedjoch Ich finde, das Zitat ist die perfekte Zusammenfassung der Geschehnisse.
friedjoch
@Arne Babenhauserheide Danke!