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US-Kandidat Joe Biden unter Druck„Das ist nie passiert“

Der designierte demokratische Kandidat für die US-Präsidentschaft, Joe Biden, weist erstmals persönlich Vorwürfe sexueller Übergriffe zurück.

Joe Biden hat die gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe eines sexuellen Übergriffs zurückgewiesen Foto: dpa

Washington afp | Der designierte US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden hat Anschuldigungen eines sexuellen Übergriffs im Jahr 1993 entschieden zurückgewiesen. Die Vorwürfe seiner früheren Mitarbeiterin Tara Reade seien „nicht wahr“, erklärte der frühere Vizepräsident am Freitag. „Das ist nie passiert.“ Im Sender MSNBC sagte der Politiker der oppositionellen Demokraten, er habe „nichts zu verbergen“.

Reade wirft dem früheren Senator vor, sie vor 27 Jahren im US-Kongress unsittlich berührt zu haben. Er soll ihr unter die Unterwäsche und in ihr Geschlecht gegriffen haben. Reade gibt an, damals eine Beschwerde bei der zuständigen Kongressstelle eingereicht zu haben.

Bidens Wahlkampfteam hatte die Anschuldigungen der heute 56-Jährigen bereits zurückgewiesen, der designierte Präsidentschaftskandidat selbst hatte sich bislang nicht dazu geäußert. Nun veröffentlichte Biden eine Stellungnahme und gab dem Sender MSNBC ein Interview.

Der 77-Jährige betonte, Frauen müssten mit „Würde und Respekt“ behandelt und bei Vorwürfen der sexuellen Gewalt „angehört und nicht zum Schweigen gebracht“ werden. In seinem Fall seien die Vorwürfe aber unwahr.

Vorwürfe des Fehlverhaltens gegen Biden schon früher

Biden sprach sich dafür aus, im Nationalarchiv nach der angeblichen Beschwerde Reades zu suchen. Sollte dieses Dokument tatsächlich existieren, dann würde es dort aufbewahrt und nicht in seinem persönlichen Archiv, das er der Universität des Bundesstaates Delaware übergeben hat. Er selbst und auch keiner seiner Mitarbeiter habe aber jemals von einer solchen Beschwerde gehört, beteuerte Biden.

Biden ist bereits in der Vergangenheit wegen mutmaßlichen Fehlverhaltens gegenüber Frauen kritisiert worden. Mehrere Frauen berichteten, der heute 77-Jährige habe sie in unziemlicher Weise berührt oder umarmt. Die Anschuldigungen durch Reade sind aber die bislang schwersten Vorwürfe zu angeblichen körperlichen Übergriffen. Reade hat in diesem Jahr auch Anzeige bei der Polizei erstattet.

Biden hat das Rennen der Demokraten um die Präsidentschaftskandidatur de facto für sich entschieden. Alle seine innerparteilichen Rivalen warfen nacheinander das Handtuch, zuletzt der linksgerichtete Senator Bernie Sanders. Biden soll bei einem für August geplanten Parteitag offiziell als Kandidat nominiert werden und Amtsinhaber Donald Trump dann bei der Präsidentschaftswahl am 3. November herausfordern.

Gegen Trump haben in der Vergangenheit zahlreiche Frauen den Vorwurf sexueller Übergriffe bis hin zur Vergewaltigung erhoben. Der Präsident hat alle Vorwürfe bestritten. Auf eine Frage zu den Vorwürfen gegen Biden sagte Trump am Donnerstag, er wisse nicht über den Fall, es könne sich aber um „falsche Anschuldigungen“ handeln.

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7 Kommentare

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  • Bei vielen Fällen von sexuellem Missbrauch oder Vergewaltigung gibt es oft keine Zeugen. In diesem Fall gibt es indirekte Unterstützung für Tara Reade durch ihre Mutter, die schon damals, 1993, also nicht erst heute, die Geschichte zum Anlass nahm, um bei CNN glaube ich anzurufen und unspezifisch über Probleme mit einem bekannten Senator zu berichten. Oder eben ihre Brüder bzw. Nachbarn, die bestätigen, das damals von ihr gehört zu haben.



    Die eins-zu-eins Situation erschwert es deshalb Gerichten, zu einem fairen Urteil zu kommen, denn natürlich können beide Seiten die Sache falsch darstellen, u.a. als Resultat einer heimlichen bzw. gescheiterten Beziehung. Einer Frau mehr zu glauben als einem Mann ist genauso diskriminierend wie umgekehrt.

  • Eine Anschuldigung, die überdies verjährt ist und ausgerechnet jetzt im Präsidentschaftswahlkampf zur Anklage gebracht wird - nach 27 Jahren. Äußerst durchsichtig.

    • @Trigger:

      Die Verjährung ist zwar juristisch relevant, aber nicht moralisch. Ein Fehlverhalten bleibt ein Fehlverhalten, egal ob man es juristisch ahnden kann oder nicht. Aber ich stimmen mit Ihnen überein: das Timing ist höchst verdächtig..



      Hier will man nur die Integrität von Joe Biden beschädigen. Es ist aber die "normale" amerikanische Schmutzkampage-Strategie im Wahlkampf. Damit müssen die jeweiligen Kandidaten rechnen.



      Und hier ist Trump in absolutem Vorteil: seine Integrität kann man nicht mehr beschädigen. Er hat nämlich keine.

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @Trigger:

      Als von Trump kann das nicht sein. Seine Anhänger könnten auf die Idee kommen "Mensch, der Biden ist ja einer von uns".

  • Gegen den Problempräsidenten Trump kann man nicht mit einem Problemkandidaten gewinnen.

    • @Linksman:

      Die Demokraten haben dieses Mal kaum überzeugende Kandidat*innen. Gerade people of color haben Biden gewählt, weil sie ihn für moderat und vernünftig hielten, also wählbar für eine breite Palette von Leuten. Das könnte jetzt nach hinten losgegangen sein. Sanders ist nicht so radikal, wie er dargestellt wird, aber auch er ist sehr alt und hat zu wenig Unterstützung in der Breite der Bevölkerung.



      Und die Demokraten sind nicht bekannt dafür, große Organiationstalente zu sein, also nochmal von vorne zu beginnen. Sieht nach Trump forever aus, es sei denn, er erstickt an seinem Triple Mac.

  • es gibt mittlerweile schon mehrere aussagen von verwandten und nachbarn die seinen versuch die sache zu bestreiten als einen möglicherweise vergeblichen erscheinen lassen







    www.democracynow.o...ra_reade_joe_biden