Tatort aus Oldenburg: Syrien in Niedersachsen
Im Mittelpunkt: Er, Syrer und Arzt, und sie, Deutsche und im Flüchtlingsnetzwerk engagiert. Man könnte über Monotonie meckern, aber: Pillepalle.
Alles beginnt mit einem Mädchen im Kofferraum. Einem toten syrischen Flüchtlingsmädchen. Dann noch ein toter Deutschsyrer irgendwo auf dem Feld. Was sich danach vor den Kommissaren Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) auftut, ist die Fortsetzung des syrischen Bürgerkriegs in Oldenburg.
Man kann’s nicht oft genug sagen: Wie gut, dass irgendwer dieses NDR-„Tatort“-Team mit zwei Bundespolizisten besetzt hat. Flüchtlinge, kein Fall für die städtische Kripo. „Die Feigheit des Löwen“ überträgt die Nachrichtenaktualität – Syrien, Krieg, Flüchtlinge – ins Sonntagabendkrimiformat, ohne dass es verkrampft wirkt.
Man könnte über Monotonie meckern, eine Flüchtlingsstory gab’s ja schon letztes Mal bei Falke und Lorenz, aber: Pillepalle. Im Mittelpunkt diesmal eine Familie. Er (Husam Chadat) Syrer und Arzt, sie (Karoline Eichhorn) Deutsche und im Flüchtlingsnetzwerk engagiert, seinen Bruder Harun haben sie nachgeholt. Dass der immer mit finster-aggressiver Miene auftritt und zum Befremden seines Arztbruders den Islam wie eine Monstranz vor sich herträgt, macht es nicht einfacher. „In diesem Haus wird Deutsch gesprochen“, muss er sich oft anhören.
Aber weil Harun (Navid Negahban; wer die US-Serie „Homeland“ kennt: jupp, er ist es) so düster rüberkommt, ist er der ideale Verdächtige. Ganz wunderbar, wie hier mit gängigen Vorurteilen gespielt wird, Friedrich Ani, Krimibestsellerautor und Drehbuchschreiber dieser Folge, sei Dank.
„Die Feigheit des Löwen“; Sonntag, 20.15 Uhr, ARD.
Eines der herausragendsten Elemente dieses Films ist aber wieder mal, wie Regisseur Marvin Kren mit seiner Horrorfilmerfahrung alles spröde und trist erscheinen lässt. Und zwar derart herrlich trostlos, dass Falke und Lorenz in einer Eckkneipe landen, einen Schnapsmix namens Billstedter Milch kippen und die Musikbox anmachen. Und Bonnie Tyler singt: „I need a hero.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Bestürzung und erste Details über den Tatverdächtigen
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!