piwik no script img

Sky erhöht die Preise fürs Gastro-AboIn der Falle

Sky hat zur neuen Bundesligasaison seine Preise für Gaststätten erneut erhöht. Gerade Sportbars sind dem Monopolisten ausgeliefert.

Seit Sommer 2013 liegen alle Übertragungsrechte für Livebegegnungen der zwei höchsten deutschen Spielklassen beim Sender aus Unterföhring Bild: dpa

Montagabend. Der 1. FC Union spielt gleich im DFB-Pokal in Heidenheim. Auswärtsspiele der Unioner sind gute Spiele für Mario Hohensee. Seine Kneipe, das Full House in Friedrichshagen, ist dann voll. Friedrichshagen im Südosten Berlins ist Stammland des 1. FC Union, der im benachbarten Stadtteil Köpenick seine Heimspiele bestreitet. Die sind nicht so gut für Hohensee: Dann sind fast alle Stammgäste im Stadion.

Die zweite Bundesliga, in der Union antritt, ist vor drei Wochen in die Saison 2014/2015 gestartet. Die erste Liga folgt an diesem Wochenende. Doch Hohensee könnte es bald egal sein, wer wann spielt. Denn um alle Auswärtsspiele Unions und auch sonst alle Bundesligapartien zeigen zu können, braucht Hohensee ein Sky-Abo. Und da gab es zuletzt eine „Preisanpassung“, wie es im Brief des Pay-TV-Senders stand. Schon wieder. Es ist die dritte seit vergangenem Jahr. Sie könnte das Ende seiner Kneipe bedeuten.

Im März 2013 wurde sein Abopreis von 220 auf 330 Euro pro Monat erhöht. Im Juli 2013 passte Sky die Preise erneut an: von 330 auf 424 Euro. Ab Oktober soll Hohensee 600 Euro bezahlen. Innerhalb von eineinhalb Jahren haben sich die Kosten also fast verdreifacht. Sky berechnet seit dem letzten Jahr seine Preise für jede Kneipe individuell: nach Bevölkerungsdichte, Sportaffinität der Region, Größe des Betriebs und Kaufkraft vor Ort. Wo Hohensee in diesem Ranking liegt? So transparent ist Sky nicht.

Man kann sich nur zusammenreimen, dass Berlin mit einem Fußball-Erstligaklub (und Spitzenvereinen in Handball, Basketball und Eishockey) und den vielen Einwohnern in den Bereichen Sportaffinität und Bevölkerungsdichte bundesweit ziemlich weit vorne liegen dürfte. Dass der Fußballbundesligist Hertha BSC heißt und in Charlottenburg spielt, und Charlottenburg ziemlich weit weg ist von Friedrichshagen, dürfte sich aber kaum preissenkend auf Hohensees Abo auswirken. Ebenso wenig, dass die Berliner Bevölkerungsdichte einer Kneipe in Friedrichshagen wenig bringt, weil für den, der innerhalb des S-Bahn-Rings wohnt, alles außerhalb des Rings Brandenburg ist.

Zuschauer zieht nur der Fußball

„Ich kann das nicht mehr bezahlen“, sagt Hohensee hinter seinem Tresen. Er schenkt Berliner Bürgerbräu aus, der halbe Liter für 3,10 Euro. Die Brauerei ist nebenan. Doch die Marke ist 2010 an Radeberger verkauft worden. Das Bier wird in Friedrichshagen nicht mehr gebraut.

Es könnte sein, dass auch Hohensees Fußballkneipe bald nur noch Friedrichshagener Geschichte ist. Er hat seinen Vertrag mit Sky gekündigt. Vorsorglich. Dabei kann er eigentlich nicht ohne den Fußballmonopolisten, denn was soll im Full House sonst laufen? Zuschauer zieht nur der Fußball. Und zwar an ungefähr vier Terminen im Monat, sagt Hohensee: Union auswärts, Spitzenspiele der Bayern, Spitzenspiele der Dortmunder. An allen anderen Fußballtagen sitzen eine Handvoll Gäste hier.

An diesem Montag ist der Laden voll. 38 Sitzplätze hat das Full House. Ein paar Gäste stehen. Die Leistung Unions rechtfertigt die neuen Preise von Sky nicht. „Das war kein fußballerischer Leckerbissen“, sagt Sky-Reporter Ulli Potofski in der Halbzeit. Dessen Kommentierung rechtfertigt die „Preisanpassung“ auch nicht.

„Der Hauptgrund für die kommende Preiserhöhung sind die gestiegenen Lizenzkosten im Bereich Sport“, lässt Sky ausrichten. Natürlich habe man „Verständnis für die emotionale Reaktion unserer Kunden“. Man sei bemüht, „jedem Kunden zu zeigen, wie man mit Sky kostendeckend und profitabel arbeiten kann“.

Drei Receiver, ein Raum

Hohensee muss lachen, als ihm die Frage nach ebenjenen Bemühungen gestellt wird. Er hat von Sky ein paar Bierdeckel mit Werbung für ein sendereigenes Fußballtippspiel bekommen, außerdem einen kleinen Pappaufsteller: eine Torwand, auf die man mit einer Tippkick-Figur schießen kann. „Egal ob in der Gastronomie, im Hotel oder in einem Gewerbebetrieb – Sky steigert Ihren Umsatz und Service“, steht über dem Tor. Und hinter den fünf Löchern, die es zu treffen gilt, Fetzen wie „Juhuu: Mehr Umsatz“ oder „Treffer: Zufriedenere Kunden“.

Hohensee bekommt für sein Geld nun drei Receiver und Smartcards, um Sky auf noch mehr Bildschirmen zeigen zu können. Doch in seine Einraumkneipe passt genau eine Leinwand. Letztes Jahr gab es nach der Vertragsverlängerung einen Fußball und zwei Polohemden. Tragen will er sie nicht.

Der Gaststättenverband Dehoga, der immerhin ein paar Rabatte für seine Mitglieder aushandeln konnte, hat die neuerliche Preiserhöhung „deutlich kritisiert“, wie ein Sprecher versichert, um im nächsten Satz das Dilemma, in dem er steckt, deutlich zu machen: „Leider hat der Dehoga keine Möglichkeit, Einfluss auf die Preisgestaltung von Sky zu nehmen.“

Diese Möglichkeit hat niemand. Sky hat keinen Konkurrenten. Seit Sommer 2013 liegen alle Übertragungsrechte für Livebegegnungen der zwei höchsten deutschen Spielklassen beim Sender aus Unterföhring – und das für alle Übertragungswege und bis zum Ende der Saison 2016/2017. Auch wer sämtliche Champions-League-Partien sehen oder zeigen will, kommt nicht an Sky vorbei.

Keine Preisanpassung bei den Privatkunden

486 Millionen Euro pro Saison gibt der Sender angeblich allein für die Bundesligarechte aus. Die Champions League soll mehr als 50 Millionen pro Jahr kosten. Dafür scheinen nun die Kneipen aufkommen zu müssen. An die Privatkunden will Sky zumindest vorerst nicht ran. Im letzten Jahr gewann der Sender, der noch immer keine schwarzen Zahlen schreibt, laut eigener Aussage immerhin 300.000 neue Zuschauer hinzu. Preisanpassungen kommen da nicht so gut.

Für die Kneipen würde sich das Abo trotz der Preiserhöhungen noch immer rechnen. Meint Sky. Der Sender hat das Marktforschungsinstitut Ipsos damit beauftragt, das Konsumverhalten in Sportsbars zu erforschen. Ergebnis: 1,3 Millionen Besucher würden jede Woche in Bars und Kneipen gehen, nur um dort Bundesliga zu schauen. Und im Schnitt würde dabei jeder Gast für 18,11 Euro konsumieren.

Hohensee ist 43 Jahre alt. Er wohnt seit 38 Jahren in Friedrichshagen. Gelernt hat er Automechaniker: „Aber noch zu Ostzeiten, das bringt mir heute nicht mehr viel.“ Die Sportsbar war sein Traum. Seit 2007 betreibt er sie, begrüßt fast jeden Gast mit Namen. Viele von ihnen wären bereit, in eine Kasse einzuzahlen, damit Hohensee weiter Live-Fußball zeigen kann. Doch das verbieten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Sky.

Was, wenn Sky 2016 wieder die Preise erhöht?

Hohensee weiß, dass er dennoch erst einmal weitermachen muss mit Sky. Bis Ende 2015 läuft der Pachtvertrag für seine Kneipe, so lange muss er Fußball zeigen. Und dann? „Ich weiß es nicht“, sagt er. Er könne den Pachtvertrag kaum verlängern, weil er ja nicht planen könne: Was, wenn Sky Anfang 2016 wieder die Preise erhöht? „Wenn es nicht so viel Spaß machen würde, hätte ich schon lange gesagt: Leckt mich am Arsch.“

Viele Wirte haben sich in sozialen Netzwerken zusammengeschlossen. Es gab Sammelkündigungen. Wie viele bisher ihren Vertrag beendet haben, weiß außer Sky aber niemand. Auch der Dehoga nicht. Union verliert in Heidenheim 1:2. Pokalaus in der ersten Runde. 40 Gäste waren an diesem Abend bei Mario Hohensee im Full House. Der höchste Umsatz eines Gastes: 17,60 Euro. Die meisten anderen lagen weit darunter.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • 7G
    738 (Profil gelöscht)

    Wenn das Konzept einer Kneipe darin besteht Fußballspiele zu zeigen, dann kann sich das nicht rechnen. Was passiert denn in der spielfreien Zeit? Ist die "Sportsbar" dann geschlossen?

  • Na - lost in translation¿

    oder - "…und die Jünger standen abseits?" 2.0

     

    sorry - aber mich erstaunt -

    daß das hier irgendjemand erstaunt -

    das konnte frauman sich doch

    an den Knöpfen abzählen…

     

    Öllampe for free - für China …

    der Rest ist bekannt -

    Anfüttern ala mafia -

    …ok variatio delectat - but -

    that's capitalism - stupid.

     

    Neuberger ( wenn den noch jemand kennt) Franz , Blatter …

    sind doch nur

    Operrettenknalchargen -

    damit die wahren Absahner schön

    im Hintergrund bleiben können.

  • "Dafür scheinen nun die Kneipen aufkommen zu müssen."

    Niemand wird gezwungen, für irgendetwas "aufkommen zu müssen", was die: 'Sky Deutschland Fernsehen GmbH & Co. KG' vermarktet.

     

    Eine "Kneipe", die auf Sky angewiesen ist, ist keine, sondern eine Wochenend-Glotz-Sauf-&-Emo-Veranstaltung mit vorrangig kommerziellen Interessen, cf.: "An allen anderen Fußballtagen sitzen eine Handvoll Gäste hier."; "Viele von ihnen wären bereit, in eine Kasse einzuzahlen, damit Hohensee weiter Live-Fußball zeigen kann. Doch das verbieten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Sky."

    Na-sowas! Gewährleisten die von Sky dann wenigstens 'Schutz' oder 'Security-Ordner'?

    Warum organisieren sich die Interessierten nicht in (Privat-)Clubs (Mitgliedschaft) oder Ähnlichem, um dem wöchentlich fußballernden Geschehen in 'privaten', geschlossenen Gesellschaften und zu Selbstkosten abgegebenem Bölkstoff, etc. via Privat-Sky-Abo zu fröhnen?

    Warum treten die Fußball-Junkies nicht dem DFB auf die Füße?

    Wieso hat für den hochkommerziellen DFB-Fußball die Allgemeinheit n.a. auch noch ständig für die bundesweiten, teuren Polizeieinsätze aufzukommen?

    Ätzend finde ich auch, dass die Hauptnachrichten der Ö.R.-TV-Sender (ARD, ZDF) im Laufe der Jahre (Sendezeitanteil) im Grunde zu Werbe!-Portalen für kommerziell betriebene (Hochleistungs-) Sport-Events verkommen sind.

  • Sky und ihre Produktionsfirmen Sportcast und Livecast, mit allen möglichen Tochtergesellschaften sind schon fast Monopolisten mit mafiösen Strukturen auf dem deutschen Medienmarkt. Dort werden Preise gemacht, welche dann übergreifend zur Anwendung kommen. Kameraleute, Cutter, externe Produktionsfirmen etc. können sich kaum wehren, weil die Rechte ja bei Sky liegen. Ich weiß, wovon ich spreche, denn ich habe lange zugesehen, wie freies Produktionspersonal von den Einkünften nicht mehr leben konnte. Ein weiteres schlechtes Beispiel für einen Konzern, der nur gewinnorientiert agiert, ohne Rücksicht auf die, welche die eigentlichen Einkünfte sichern.

  • Nicht Sky ist der Monopolist, sondern der DFB, der die Lizenzen für die Übertragungen an den Meistbietenden verkauft.

  • Mich nervt das Gewese um die Bundesliga gewaltig.

    - An Wochenenden muss man viele Cafés regelrecht meiden, weil sie sich in Hightech-Höhlen verwandeln, wo alle lautstark um die Monitore sitzen.

    - Die Sportschau, das Sportstudio und auch die Sendungen der Dritten beschäftigen sich zu 80 Prozent ausschließlich mit Fußball - inklusive Standard-Blabla-Interviews.

    - Es entwickelt sich in Deutschland eine sportliche Monokultur, mit all ihren gefährlichen Abhängigkeiten.

  • alos, gestern in unsere Tgaeszeitung, für eine 40m2 Kneipe zahlt die Besitzerin c 5.000 € wo anders steigen die APOs auf 10.000€. der Wahnsinn, die Vermarktung von Sport oder eben FUssball wird immer mehr Geld kosten, Geld, die die Vereine wiederum für teure Saisonspieler aus dem Fenster werfen, die GIer der Fossballmanager wird immer grösser, Steuerschulden, Polizei übernimmt das Volk, auch die Nicht Fussball Fans !

  • 38 potentielle Skyabonnenten * 34,99 € = 1329,62 € potentielle Einnahmen