Rücktritte in Großbritannien: Exit vor dem Brexit
Brexit-Minister Dominic Raab und Arbeitsministerin Ester McVey treten zurück. Zuvor hatte das britische Kabinett den Entwurf für den Brexit-Deal mit der EU gebilligt.
Zu seinem Rücktritt erklärte Raab, der von Premierministerin Theresa May vorangetriebene EU-Ausstiegsvertrag und insbesondere die Vorschläge zu Nordirland bedrohten die Integrität des Vereinigten Königreichs. „Ich kann keine unbefristete Notfallklausel akzeptieren.“ Zudem könne er die Bedingungen des Abkommens nicht mit den Versprechungen in Einklang bringen, die dem Land gemacht worden seien.
Am frühen Donnerstagmorgen hatte schon der britische Nordirland-Staatssekretär Shailesh Vara als erster Politiker einen Amtsrücktritt verkündet.
Premierministerin Theresa May muss sich nun auf mehr Probleme einstellen, als allein die Hürde zu überwinden, die Einigung durch das Parlament zu bringen. Ihre zahlreichen politischen Gegner brachten sich am Mittwoch bereits in Stellung.
Zunächst zeigte sich May indes erleichtert über die Billigung des Entwurfs für eine Austrittsvereinbarung durch ihr Kabinett. Es habe nach der fünfstündigen Sitzung eine „kollektive Zustimmung“ gegeben. Ob sie einstimmig war, sagte sie aber nicht. Brexit-Hardliner hatten den Entwurf kritisiert. May sagte, die Vereinbarung sei „die beste, die ausgehandelt werden könnte“.
Der Entwurf sieht einen Lösungsvorschlag für das zuletzt größte Problem in den Brexit-Verhandlungen vor – die Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland. Mit einem gemeinsamen Zollterritorium von EU und Großbritannien sollen Zollstationen und sonstige Kontrollen an der Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland vermieden werden. Zudem würde Großbritannien EU-Regeln auf Gebieten wie Umwelt- und Tierschutz und Schutz am Arbeitsplatz einhalten. Die Lösung soll vorübergehend sein und durch eine dauerhafte Handelsvereinbarung ersetzt werden.
Michel Barnier, der Unterhändler der EU, sagte: „Nach meiner Einschätzung haben wir ,entscheidenden Fortschritt' erzielt“. Staats- und Regierungschefs hatten auf diese Bekanntmachung von ihm gewartet, um ein Gipfeltreffen einzuberufen. May sagte: „Dies ist ein entscheidender Schritt, der es uns erlaubt, voranzuschreiten und das Abkommen in den kommenden Tagen abzuschließen. Ich glaube fest, mit meinem Kopf und meinem Herzen, dass dies eine Entscheidung ist, die im besten Interesse des Vereinigten Königreichs ist.“
Nach der vorläufigen Einigung auf die Brexit-Modalitäten hat EU-Ratspräsident Donald Tusk für den 25. November einen Sondergipfel einberufen. Dabei soll der Vertrag über den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union von den Staats- und Regierungschefs gebilligt werden.
Brexit-Zustimmung zunächst erleichternd
Der Austritt ist für den 29. März geplant. Die Vereinbarung benötigt die Zustimmung aller EU-Mitgliedsstaaten und des Europaparlaments, um gültig zu werden. Auch das britische Parlament muss zustimmen.
Der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt, schrieb auf Twitter: „Während ich hoffe, dass das Vereinigte Königreich eines Tages zurückkehrt, wird diese Vereinbarung in der Zwischenzeit den Brexit möglich machen.“ Sie werde zu einer weiterhin engen Beziehung zwischen der EU und Großbritannien beitragen und helfen, Bürgerrechte zu schützen und eine harte irische Grenze zu vermeiden. Der deutsche Außenminister Heiko Maas sagte, die Zustimmung des britischen Kabinetts sei sehr erleichternd.
Britische Brexit-Befürworter übten an dem Vorschlag scharfe Kritik, da er Großbritannien noch lange nach dem Ausscheiden an EU-Regeln binde. Der Abgeordnete Peter Bone von Mays Konservativer Partei warnte, sie werde die Unterstützung vieler konservativer Parlamentarier und Millionen Wähler verlieren, falls sie die Vereinbarung vorantreibe.
Mays Unterstützer argumentierten hingegen, die Vereinbarung sei die beste, die erreichbar sei, und die Alternativen seien ein chaotischer Austritt ohne Abkommen oder eine Neuwahl, bei der die Labour Party die konservative Regierung ablösen könnte. Der ehemalige Außenminister William Hague warnte Brexit-Befürworter, falls sie die Vereinbarung scheitern ließen, könne dies zu einer Neuwahl und einem neuen Referendum führen und es werde möglicherweise keinen Brexit geben.
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