piwik no script img

Rechte Hooligans gegen SalafistenPrügeln so ganz ohne Stadion

Hooligans verfeindeter Vereine wollen am Sonntag in Köln gegen Salafisten demonstrieren. Die Gründe dafür sind so diffus wie der Zusammenschluss.

Die Polizei rechnet mit 1.000 bis 1.500 Teilnehmern bei der Demonstration der Initiative Hooligans gegen Salafisten in Köln Bild: dpa

KÖLN taz | Es dürfte nicht oft vorkommen, dass der Breslauer Platz in Köln von Touristen fotografiert wird. Dutzende Taxis stehen hier, eine Wurstbude und ein paar Hotels, deren Fassaden in den Siebzigern modern gewesen sein mögen. Am Sonntag dürften hingegen Zigtausende Fotos geschossen werden: Auf das schmucklose Areal hinter dem Hauptbahnhof hat die Kölner Polizei die Demonstration der Initiative Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa) verlegt, die ursprünglich vor dem stark frequentierten Haupteingang des Bahnhofs demonstrieren wollte – am Fuße des Doms.

Dass die Hools sich offenbar bereitwillig auf die andere Seite des Bahnhofs abschieben ließen, hat für Polizeisprecher Christoph Gilles einen einfachen Grund: „Bei der medialen Aufmerksamkeit wissen sie ganz genau, dass sie mit ihren Zielen wahrgenommen werden.“

Die aber sind denkbar diffus. „Gegen Salafismus“ sei man, gegen „islamische Fundamentalisten“, heißt es an einigen Stellen des derzeit mit fast 20.000 Facebook-Likes bedachten Forums. Man müsse sich dagegen wehren, dass Deutschland „überfremdet“ werde: „Wenn wir jetzt nichts tun, gilt hier in ein paar Jahren die Scharia.“

Nun mag man diese Ängste begründet oder grotesk finden – es bleibt nicht bei der Gegnerschaft zur salafistischen Bewegung oder den Gotteskriegern vom Islamischen Staat. Ein Großteil der Posts propagiert primitivste Stereotypen à la „Ziegenficker“ und „Gebärmaschinen“ und wirft alles in einen Topf, was schlichtere Gemüter so mit dem Islam assoziieren mögen. Fotos von betenden Männern, türkische Fahnen oder Muslimas mit Kopftuch erfahren die gleiche Verachtung wie schwerbewaffnete IS-Schergen oder der Salafistenprediger Pierre Vogel. Da können ein paar Wortführer noch so oft betonen, man achte jede Religion, wehre sich aber gegen Fanatismus.

Drei Lager

Die fehlende Trennschärfe verwundert allerdings auch nicht. Schließlich entstand HoGeSa, dessen Existenz im Mai aufflog, ursprünglich aus einem Zusammenschluss von Menschen, die grob aus drei Lagern stammten: Hools mit einer klaren rechtsextremen Agenda, darunter etliche Szenegrößen aus dem Ruhrgebiet, dem Südwesten oder der Region Niederrhein, einigen wenigen Neonazis, die mit Fußball nichts am Hut haben, einigen wenigen politisch moderateren Menschen – und vielen Hools, die nicht politisch aktiv sind, aber ein Weltbild haben, das Soziologen wohl als „rechtsoffen“ bezeichnen würden.

Im Laufe der Zeit – nur so erklärt sich wohl die hohe Zahl der Facebook-Likes – hat sich die Basis von HoGeSa deutlich verbreitert. Dementsprechend vehement fordern die Wortführer, man möge Neonazipropaganda unterlassen und sich in Köln keinesfalls „provozieren lassen“. Das entspricht aber auch dem Kalkül einiger Aktivisten aus der Naziszene, die im aufgeflogenen Ursprungsforum unverhohlen gefordert hatten, man müsse sich bei den „Normalos“ beliebt machen, um Stück für Stück Akzeptanz für die eigene Agenda zu erlangen: „Die Omis müssen uns lieb haben.“

Dass Dominik Roeseler, der für die rechte Partei Pro NRW im Stadtrat von Mönchengladbach sitzt, die Kölner Demo angemeldet hat, spricht für sich. Spannend dürfte es sein zu beobachten, ob am Sonntag tatsächlich viele Menschen unter den Demonstranten sind, die keine Berührungspunkte mit der Subkultur aus dem Hooligan- und Bikermilieu haben, das den Kern von HoGeSa ausmacht.

Demo und Gegendemos

Fest steht jedenfalls schon jetzt, dass die Demo alle bisherigen von der Gruppe organisierten in den Schatten stellen wird. 350 Anhänger trafen sich Ende September vor dem Dortmunder Hauptbahnhof, diesmal rechnet selbst die Kölner Polizei mit deutlich mehr Teilnehmern: Eine Zahl zwischen 1.000 und 1.500 sei wohl realistisch, heißt es dort. HoGeSa selbst rühmte sich noch am Freitagmittag, es lägen knapp 6.000 Anmeldungen vor.

Zudem sind zwei Gegendemos angemeldet, deren Kundgebungen aber auf der anderen Bahnhofsseite stattfinden sollen. Eine ist von der Initiative Kein Veedel für Rassismus angemeldet, die andere von der Stadtratsfraktion der Linken, berichtet Polizeisprecher Gilles. „Falls eine der beiden Gruppen den Versuch machen sollte, die andere zu attackieren, werden wir mit genügend Beamten vor Ort sein, um das zu unterbinden.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

20 Kommentare

 / 
  • Mir, und auch so manchen anderen, ist weiterhin völlig unklar, wieso sich das links/grüne Spekturum nicht klar und deutlich gegen die gottesstaatlich-faschistische Ideologie des politischen Islams stellt. Warum wird sich immer wieder schützend und verständnisvoll vor eine Ideologie (keineswes Religion!) gestellt, die alles das, was uns ein Leben in Selbstbestimmung und Individualität ermöglicht, verteufelt. Dabei gibt es nicht gerade wenige Muslime, die den spirituellen Teil des Islams säkular leben und den politischen über Bord geworfen haben. Andere haben sich, unter Lebensgefahr, völlig vom Islam abgewendet. Wieso wird nicht denen unmissverständlich zur Seite gestanden und gleichzeitig den anderen klar gemacht, daß alles andere hierzulande nicht geht? Ich/wir haben nicht die allergeringste Lust, uns von einer völlig Rückwärtsgewandten, in archaischen Stammesgesellschaften verwurzelten, sogenannten Religion, all das kaputt machen zu lassen, was in Europa lange Zeit erkämpft wurde. ÜBERLASSEN WIR DAS NICHT DEN RECHTSEXTREMEN. WACHT ENDLICH AUF. BEZIEHT KLAR UND DEUTLICH POSITION UND HANDELT! Nicht zuletzt auch im Sinne der oben genannten säkularen Muslime und all derjenigen, die in Namen dieser "Religion" verfolgt und abgeschlachtet werden.

     

    http://www.welt.de/debatte/kommentare/article133310585/Deutsche-Muslime-werdet-endlich-Staatsbuerger.html

     

    http://cigdemtoprak.de/ueber-mich/

     

    http://www.neues-deutschland.de/artikel/950651.das-linke-islam-tabu.html

    • @shamouti:

      Wie "klar und deutlich" hätten Sie's denn gern? Soll man ebenfalls politische, soziale und ökologische Fragen einem diffusen Glaubensbekenntnis - etwa nach Art der Union - unterordnen? Mir ist völlig unklar, was Sie damit eigentlich erreichen wollen.

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    wenn da rechtsradikale deutsche schläger und islamfaschistische,salafistische schläger aufeinander treffen,trifft es definitiv nicht den falschen.

    • @6474 (Profil gelöscht):

      ach, Sie lassen gern prügeln?

  • 9G
    9076 (Profil gelöscht)

    Das neue Feindbild heisst IS, Salafist usw.......klasse!

     

    Woher haben die Heinis wohl ihre Meinung?

    Doch wohl nur durch die kontinuierlich mediale Endlosschleife: " Isis = böse", " Salafist= böse" .........

    Teilen und Herrschen, Spalten statt Versöhnen. Super! Und das sitzt.

    Klar, die Taz ist da die Ausnhame.

    Aufwachen!!!!!!!

    Wie wär es mal den Menschen da draußen unser Geld- und Finanzsystem zu erklären?

    Dann hätten wir aber die Revolution noch vor Sonnenaufgang.

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @9076 (Profil gelöscht):

      klar,die isis ist nämlich gar nicht böse und salafisten sowiso nicht.der moderate pierre vogel ist auch nur medienprophaganda und ausserdem ist es total rassistisch gegen die zu sein.(vorallem gegen pierre vogel)ungläubige zu köpfen ist nämlich einfach folklore da unten.oh, mann..aufwachen?

       

      ich vermute übrigens mal das sich religiöse fantiker einen feuchten dreck um das finanzsystem scheren,oder steht davon etwas im koran?

      das man im westen kategorisch ablehnt mit der pkk zusammen zu arbeiten könnte übrigens auch etwas mit unserem finanzsystem zu tun haben....

      • @6474 (Profil gelöscht):

        Das Problem ist mal wieder die Pauschalisierung. Hooligans gegen Salafisten ist doch nur ein Code für Hooligans gegen Moslems aka Hooligans gegen Ausländer. Auch bei den Salafisten sind die meisten Menschen friedlich.

         

        Korrekt müsste die Aktion "Hooligans gegen Gewalt" heißen. Aber das wäre dann wohl doch zu viel erwartet von den Deppen...

  • Unglaublich! Nazis werden zu Hools herabgestuft und eine politische Auseinandersetzung steht unter der Rubrik Sport? Was ist denn bei der TAZ los?

  • Nazi heisst jetzt islamophob!

    • @errol flynn:

      Abdel Hamad "Der islamische Faschismus"- lesen sie mal, der Autor weiss aus eigenem Erleben, wovon er schreibt.

      • @Tupaq:

        Lieber Tupaq,

        ich wollte erwähnen das unter dem islamophoben Verhalten, welcher in der breiten Öffentlichkeit unter vorgehaltener Hand sehr viel Zuspruch findet und auch vertreten ist, einfach nur Nationalsozialismus und Rechtskalismus sich versteckt hält.

         

        Ich möchte ihnen auch unterstellen das ihr Kommentar zu meinem Kommentar, unter einem solchen Artikel, genau diese Ideologie beinhaltet.

         

        Viel Spass noch beim Lesen von islamkritischen Texten!

  • Warum gibt es keine Demos oder anderer Aktionen unserer poltischen Kräfte im Land gegen die Salafisten oder gegen die Islamofaschisten?

  • Hier wird ein Popanz aufgebaut, um vom alltäglichen Neonaziterror in diesem Land abzulenken. Merkels Tiefschlaflabor kommt das mal wieder sehr gelegen.

  • Die Gegendemos finde ich übertrieben, aber ich kenne auch die Facebookseite nicht.

     

    Was mich wieder wundert bzw. nicht mehr wundert, ist, dass es wohl in der BRD keinen einzigen Ultra-Club zu geben scheint, der sich als so fortschrittlich versteht, dass er mit dem Problem des Salafismus aus liberaler Richtung sich in solche Debatten einbinden lässt.

     

    In den NL wurden solche Positionen früher immer bei Spielen Ajax-Feyenoord ausgetauscht. Aber da dürfen auch afaik bis heute bei Spielen gegeneinander keine Auswärtsfans überhaupt in die Stadt kommen.

  • Was für Deppen!

  • Endlich haben auch die Prügelhorden der Hooligans ein mehrheitsfähiges Feindbild.

    • @Dudel Karl:

      Ihr Kommentar trifft den Nagel auf den Kopf. Feindbilder sind das Salz in der Manipulationssuppe der Angstkultur. Die tabuisierte Angstkultur ist die Basis des Machtsystems in unseren Gefilden, vielleicht auch andernorts. Kann man sich frei fühlen und frei sein, wenn man ständig in latenter Angst lebt ?

      • @einTürk:

        und @kreiner: So schlicht würd ich das nicht betrachten.

        Gegnerschaft und Widerstand ggü. Salafisten - dieses Thema sollte nicht einfach den Rechten überlassen werden.Wird es aber.

        Bei einer Demo gegen Salafisten in der Stadt bei mir hier in der Nähe waren auch nur Extremisten zu sehen: Hools und Hizbullah-Anhänger. Traurig aber wahr. Alle anderen hatten wohl Angst! Alevitische Nachbarn von mir z.B. würden aus Angst auch nicht zu solchen Veranstaltungen (d.i.Gegendemos zu Salafisten, IS etc.) gehen und die Mehrheit der links-orientierten Deutschen auch nicht.

        • @Florence:

          Das Thema wird nicht den Rechten überlassen, nur das rechte Geblöke und Geprügel.

        • @Florence:

          Hierzulande stellt nach wie vor das Nazigesindel die größte Bedrohung dar.